Zwei Amtsvorgänger des neuen ÖVP-Obmanns Sebastian Kurz, Erhard Busek und Josef Riegler, äußern sich gegenüber der Kleinen Zeitung kritisch zu seinen Plänen für die Partei: Für Ex-Vizekanzler Busek, der seit Jahren einen Umbau beziehungsweise eine Neugründung der Partei fordert, ist die Diskussion um strukturelle Veränderungen nebensächlich. „Es geht hier nicht um Durchgriffsrechte und Statuten, sondern darum, wohin die ÖVP inhaltlich gehen soll. Und hier kam bisher nichts.“ Es sei vollkommen unklar, welche Positionen Kurz in Bereichen wie Sozial-, Wirtschafts- oder Familienpolitik vertritt. „Hier hat er bisher nichts gezeigt.“
Und auch für Kurz' Vorhaben für einen strukturellen Umbau der Partei kann sich Busek wenig begeistern. „Das schau ich mir an, wie viel da wirklich gehen wird“, erklärt er. Zudem glaube er nicht, dass sich die mächtigen Landeshauptleute so einfach ausbooten lassen werden. „Man darf nicht vergessen, dass heuer in einigen Bundesländern Wahlen bevorstehen. Da wollen die Landeshauptleute Macht demonstrieren“, sagt Busek. „Und das sind alte Trickkisten“, die weiterhin zahlreiche Möglichkeiten hätten, ihre Anliegen auf Bundesebene durchzubringen. „Denn Kurz wird die Länder für seine Politik brauchen.“ Zudem sei das nun erreichte Durchgreifen bei den Bundeslisten laut Busek keine Frage der Statuten, sondern eine der politischen Macht. „Wolfgang Schüssel hat damals auch so bekommen, was er wollte.“
Die von Kurz erfolgreich durchgesetzte Entscheidungsmacht auf Bund- und Landesebene hat politische Mitbewerber der ÖVP auf den Plan gerufen, die von einem undemokratischen Vorgehen sprechen. Auch der ehemalige ÖVP-Chef und Vizekanzler Josef Riegler sieht den Alleingang von Kurz als „demokratiepolitisch nicht ganz unproblematisch“. Der Weg, den der neue ÖVP-Chef Kurz nun mit seiner Partei einschlagen will, sei zwar „aus Kurz' Sicht sicher richtig“, sagt Riegler. Es gehöre auch zum aktuellen Trend, „Parteien auf eine Person zuzuspitzen“ und eine breite Plattform um sich schaffen zu wollen. „Damit geht Kurz aber auch ein großes Risiko ein“, gibt Riegler zu bedenken. „Wenn die Wahl gut ausgeht, dann wird er gefeiert. Geht sie schlecht aus, wird es in der ÖVP sehr schwer für ihn.“
Der Politologe Fritz Plasser zeigt sich über die geäußerten Sorgen um die innerparteiliche Demokratie der Volkspartei amüsiert. „Es ist ja nett, dass man sich hier Sorgen macht, aber der Parteivorstand wird ja nicht zu Befehlsempfängern degradiert und außerdem kann ein Parteichef auch wieder abgewählt werden.“ Es sei lediglich eine „formale Machtverlagerung“, die nun eine starke Führung der Partei möglich machen könne.
Dass Kurz mit dem Antritt einer gleichnamigen Liste bei bevorstehenden Neuwahlen „alles auf eine Karte setzt“, sieht auch Plasser als mögliches Risiko. „Es ist ja nirgendwo verbrieft, dass die teils unrealistisch hohen Erwartungen erfüllt werden können“, sagt er. Der Schritt beweise „Mut und Konsequenz“, zudem könne eine Liste abseits von Parteibüchern junge Menschen zum politischen Partizipieren einladen. „Also ist der vom neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz eingeschlagene Weg, angesichts der Situation, in der er die Volkspartei übernommen hat, der einzig richtige.“