Angesichts der steigenden Zahlen ankommender Migranten in Italien rechnet Rom im heurigen Jahr mit einem neuen Rekordhoch an Ankünften. Bis Ende 2017 werden insgesamt 200.000 Menschen erwartet, wie aus Prognosen des italienischen Innenministeriums hervorgeht. Das wäre ein neuer Höchststand nach dem Rekord von 181.000 Migranten im Jahr 2016.

Seit Jahresbeginn erreichten 43.245 Migranten die italienische Küste über das Mittelmeer, das sind um 38,5 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2016, teilte das Innenministerium in Rom am Montag mit. Allein am Wochenende erreichten über 6.000 Migranten Italien. Das Land versorgt derzeit circa 177.000 Menschen in Hotspots und anderen Einrichtungen.

"Diese Zahlen sind ein besorgniserregendes Signal. Wir könnten wirklich in Schwierigkeiten geraten, sollten weiterhin tausende Migranten eintreffen", verlautete es aus dem Innenministerium. Die meisten heuer angekommenen Migranten starteten aus Libyen, zum Teil aus Ägypten, Tunesien und Algerien. Ursprünglich stammten die Menschen mehrheitlich aus Nigeria, Bangladesh und Guinea.

Italien befürchtet einen Kollaps seines Aufnahmesystems. Der Plan des Innenministeriums, laut dem jede italienische Gemeinde 2,5 Migranten pro 1.000 Einwohnern versorgen soll, könnte angesichts der steigenden Zahlen nicht ausreichen. Italien hat in den vergangenen vier Jahren die Zahl der Unterkünfte für Migranten mehr als verfünffacht, berichtete das Innenministerium. Die Regierung in Rom macht Druck auf die norditalienischen Regionen, damit sie mehr Migranten aufnehmen. Flüchtlingslager sollen unter anderem in leeren Kasernen, Turnhallen oder Schulen eingerichtet werden. Auch in Hotels, auf Campingplätzen und in Feriendörfern sollen Menschen untergebracht werden.

Die Region, die bisher am meisten Migranten aufgenommen hat, ist die Lombardei, gefolgt vom süditalienischen Kampanien, von Sizilien und Latium mit der Hauptstadt Rom. 1,66 Prozent der von Italien versorgten Migranten sind in Trentino, Südtirol, untergebracht. Die Regierung macht Druck, damit die Lombardei die Zahl der Aufgenommenen von 25.000 auf 28.000 aufstockt. Kampanien, das 16.000 Flüchtlinge versorgt, soll Unterkünfte für insgesamt 19.000 Menschen schaffen.

Besonders schwierig ist die Lage für die vielen minderjährigen und unbegleiteten Migranten. Seit Jahresbeginn trafen 5.551 Kinder ein. Das italienische Parlament hatte im März ein Gesetz zum Schutz unbegleiteter Flüchtlinge verabschiedet, die ohne Eltern in Italien eintreffen. Das Gesetz gewährt Migrantenkindern dieselben Rechte wie europäischen Minderjährigen. Sie dürfen daher nicht abgeschoben werden.