Der scheidende Bundespräsident Heinz Fischer hat am Samstag betont, dass jeder Ausgang des Verfassungsgerichtshof-Verfahrens um die FPÖ-Anfechtung der Bundespräsidenten-Stichwahl zu akzeptieren sei. Eine mögliche Wahlwiederholung wäre zwar eine "unangenehme Situation", aber "es wäre natürlich keine Staatskrise", sagte Fischer in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" .
Niemand könne derzeit wissen, wie der VfGH entscheiden wird, betonte das Staatsoberhaupt. Sollte das Höchstgericht das Wahlergebnis bestätigen, werde die Amtsübergabe an Alexander Van der Bellen wie geplant am 8. Juli stattfinden. Die Verwaltung müsse aber auch für den Fall vorbereitet sein, dass es zu einer Wiederholung der Stichwahl nach dem Sommer kommt. So etwas habe es in Österreich noch nie gegeben, aber auch mit dieser Situation "müssen wir mit Anstand umgehen", erklärte Fischer.
"Schlimm genug"
Im Zeugenverfahren vergangene Woche habe sich gezeigt, dass manche Vorwürfe bestätigt wurden - "schlimm genug", meinte Fischer - aber auch, dass manche Behauptungen nicht stimmen. Er rechnet jedenfalls damit, dass die Wahlverfahren in den nächsten Jahren auch unter Einschluss der Briefwahl "geradezu mustergültig" ablaufen werden.
Skepsis wächst
Glaubt man aktuellen Umfragen, ist ein gar nicht so kleiner Teil der Bevölkerung derzeit nicht davon überzeugt, dass bei Wahlen alles mit rechten Dingen zugeht: Im aktuellen "ATV Österreich Trend" von Meinungsforscher Peter Hajek sind sich zwar 60 Prozent ganz oder eher sicher, dass es bei der Hofburg-Wahl keine Manipulationen gab. Immerhin 19 Prozent stimmten aber für "eher ja", 14 Prozent sind sich "ganz sicher", dass manipuliert wurde, unter den FPÖ-Wählern sogar 72 Prozent. Laut Unique research für "profil" (500 Befragte) glaubt nur eine knappe Mehrheit (53 Prozent), dass es bei Bundespräsidentenwahlen sauber zugeht, 18 Prozent vertrauen überhaupt nicht darauf und 21 Prozent eher nicht.
Besuch in Südtirol
Bundespräsident Fischer war am späten Vormittag betont herzlich zu einem besuch in Südtirol empfangen worden. Fischer und der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher haben sich erfreut über die "Entschärfung" im Konflikt um die Brennergrenze gezeigt. "Es zeigt sich hier, dass europäische Kooperation die beste Form ist, gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen", sagte Kompatscher in Bozen. "Wir haben wieder festeren Boden unter den Füßen", sagte Fischer.
Die Lage am Brenner stelle sich "zur Zeit sehr ruhig und positiv dar", sagte Kompatscher bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Fischer im Bozner Landhaus. "Dass sich das Brenner-Grenzproblem entschärft hat, nehme ich mit großer Freude zur Kenntnis", sagte Fischer. "Es wäre wirklich etwas sehr, sehr Unangenehmes gewesen, wenn es zu einer De-facto-Dichtmachung des Brenners gekommen wäre."
In Bozen ließ Fischer durchblicken, dass die Lage dramatischer war, als es den Anschein hatte. "Die Situation war nicht einfach, und die Entscheidungen, die da getroffen worden sind, sind manchmal erst in letzter Minute getroffen worden." Er selbst hätte sich eine Abriegelung des Brenners "nicht vorstellen können", betonte der scheidende Bundespräsident.
Herzlich war der Empfang für Fischer. Vor dem Landhaus in Bozen marschierte eine Schützenkompanie auf, Gewehrsalven und Begrüßungsschnaps inklusive. Gespielt wurden die österreichische Bundeshymne und die Südtiroler Landeshymne. Nur zwei Carabinieri, die am Rand des Platzes standen, erinnerten daran, dass Südtirol zu Italien gehört.