Sie rasseln nicht mit Säbeln, sondern gewissermaßen mit dem Stethoskop, das Getöse ist dennoch unüberhörbar. Die Ärztekammer hält es seit zwei Wochen für angebracht, mit Begriffen wie "Staatsmedizin wie in der DDR" oder "Entarztung durch Zentralisierung" gegen Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky zu wettern. Die Drohung mit einem Ärztestreik konnte da nicht ausbleiben Kdolskys Plan, regionale Ärztezentren zur Verbesserung der ambulanten Versorgung speziell auf dem Land einzurichten, verdient natürlich nicht nur Zustimmung. Speziell die versteckte Absicht, hier den neuen Gesundheitsplattformen der Länder eine Spielwiese zu bieten, ist ein Eingriff in festgefügte Strukturen.
Prinzip. Dieser kann die Maßlosigkeit der Reaktion seitens der Ärzte aber kaum rechtfertigen. Also geht es hier offenbar nicht um die Sache, sondern ums Prinzip. Also um die Macht. Andrea Kdolsky lernt gerade eine Lektion, die alle ihre Vorgänger auch verinnerlicht haben: Gesundheitsminister zu sein ist einer der undankbarsten Jobs der Republik. Denn das Sagen im wichtigen Gesundheitssektor haben allein zwei Gruppen: der Hauptverband der Sozialversicherung und die Ärztekammer. Der eine verfügt mittels der Beiträge der Versicherten über zwölf Milliarden Euro, die andere sorgt dafür, dass ihre Mitglieder für ihre Leistungen davon direkt und indirekt fast die Hälfte in Form von Honoraren und Gehältern bekommen.
Ohne Portefeuille. Im Vergleich zu diesem Duo der Macht im Gesundheitswesen ist Kdolsky als ressortzuständiges Regierungsmitglied gewissermaßen eine Ministerin ohne Portefeuille. Was sie an Steuergeldern bereitstellen kann, ist kaum der Rede wert. Der mächtige Hauptverband ist der wahre Fädenzieher, die Ministerin gleichsam seine Marionette. Die Experten bleiben immer im Hintergrund und überlassen den Politikern die Bühne der Öffentlichkeit, welche diese ja gierig suchen. Dort können sie brillieren oder sich blamieren. Was letztendlich geschieht, bestimmen allein jene, die die Beiträge der Versicherten einnehmen und über deren Verteilung entscheiden. Die Politik darf das nur exekutieren. Nach diesem Muster wird auch die Frage entschieden, ob und wie die ambulante Versorgung der Österreicher neu geordnet und verbessert wird. Im Endeffekt wird es eine Lösung geben, die Hauptverband und Ärztekammer untereinander ausgeschnapst haben werden. Wie auch immer Kdolsky dereinst ihren eigenen Beitrag rühmen wird.
JOHANNES KÜBECK