"Wer Gaddafi kritisiert, ist von der Vergangenheit gefangen. Wenn sich zwei Völker in Freundschaft treffen, ist das für alle ein Vorteil. Dank dieses Abkommens hat Italien das Problem der illegalen Einwanderung von Afrika nach Europa lösen können", berichtete Berlusconi nach Angaben italienischer Medien am Dienstag.
Bei einer Gedenkfeier zum Freundschaftsabkommen, das Italien und Libyen vor zwei Jahren abgeschlossen hatten, besprachen Berlusconi und Gaddafi am Montagabend unter anderem über eine 1.700 Kilometer lange Autobahn in Libyen, die italienische Firmen bauen sollen. Der italienische Erdölkoloss Eni plant in Libyen außerdem Investitionen in Höhe von 23 Milliarden Euro.
Gaddafi forderte seinerseits libysche Investoren auf, Geld in Italien anzulegen. Außerdem sprach er sich dafür aus, dass Italien einen permanenten Sitz in der UNO erhalte. Gaddafi forderte die US-Marine auf, das Mittelmeer zu verlassen. Das Mittelmeer soll ein "Meer des Friedens" sein. Gaddafi lobte Berlusconi wegen seines Mutes, alte Feindseligkeiten mit Libyen aus der Kolonialzeit zu begraben und ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu schreiben.
Hektische Reaktionen löste in Italien Gaddafis Forderung an die EU aus, jährlich fünf Milliarden Euro zu zahlen, um die "unerwünschte Immigration" aus Afrika zu stoppen. Diese könne nur an den Grenzen seines Landes gebremst werden, sagte Gaddafi. Es liege deshalb im Interesse Europas, auf seine Forderungen einzugehen, "sonst kann es schon morgen zu einem zweiten Afrika werden". Millionen von Migranten aus Afrika seien bereit, nach Europa abzureisen.
Diskussionen
Auch sein Appell für die Verbreitung des Islam in Europa sorgte für lebhafte Diskussionen in katholischen Kreisen. "Gaddafis Worte bezeugen seine Respektlosigkeit gegenüber dem Papst und Italien, einem mehrheitlich katholischen Land", kritisierte der Sekretär der vatikanischen Kongregation "Propaganda Fide", Roberto Sarah.
Anlass für Gaddafis Rom-Besuch war der zweite Jahrestag der Unterzeichnung des Freundschaftsabkommens zwischen beiden Ländern. Italien hatte Libyen als Entschädigung für die Kolonialzeit mehrere Milliarden Euro in Form von Projektinvestitionen zugesagt. Das nordafrikanische Land verpflichtete sich im Gegenzug, die Weiterreise von Flüchtlingen über das Mittelmeer nach Italien zu verhindern.