Eine absolute Ausnahme und doch auch bezeichnend für Überforderung: Der Fall jenes bettlägerigen 61-Jährigen, der letzte Woche in Wien starb und von Maden zerfressen war. Weil die Lebenspartnerin überfordert war. Ein Pflegefall, der geschockt hat. Kurz. Wie auch die Fragen über Pflege immer nur kurz aufflackern, bis sie ebenso schnell wieder zugedeckt werden. Wie jene nach der Finanzierung. Oder jene, wie Menschen, die nicht nur die fachlichen, sondern auch die menschlichen Qualitäten mitbringen, für den Beruf des Pflegers länger gewonnen werden können. Caritas, Diakonie und andere Organisationen werden heute in Wien dafür werben.

Vielleicht werden sie auch darauf hinweisen, dass da von der Politik in Sonntagsreden immer wieder ein Altern in Würde versprochen wird, aber das große Schweigen über die Grundvoraussetzung dafür herrscht: über die Absicherung der Kosten der Pflege, die angesichts des demographischen Doppeltrends von Geburtenlücke und Alterung und Änderungen der familiären Familienstrukturen explodieren.

Die Zahlen und Hilferufe überschuldeter Gemeinden kennen bis zum Kanzler alle. Auch jene des Rechnungshofes, der in schöner Regelmäßigkeit vorrechnet, dass die Pflegekosten sich verdoppeln werden.

Die nötigen Maßnahmen, um ein Altern in Würde mit gut bezahlten, qualifizierten Pflegern abzusichern, fehlen aber bis heute. Um abzusichern, dass Menschen nicht in billige Verwahrpflege abgeschoben werden. Um abzusichern, dass die Würde im hohen Alter nicht nur am Sonntag als unantastbar bezeichnet wird und montags antastbar wird. Wenn Magensonden angelegt werden, weil das Personal zum Füttern fehlt. Oder verwirrte Menschen fixiert werden, weil es zu wenig Betreuungspersonal gibt. Oder Pflege im Minutentakt angesagt ist, die menschenverachtende Praktiken provozieren muss und Pfleger ins Burn-out treibt.

Fragen, die kein Kanzler, kein Finanzminister stellen. Und die von Betroffenen nicht mehr gestellt werden können. Pflegebedürftige haben keine Lautsprecher. Da wird dann vom Kanzler abwärts lieber weiter der vorgezogene Ruhestand von 57-jährigen Marathonläufern subventioniert. Und hingenommen, dass der Staatszuschuss zu den Pensionen sich 2009/2010 um voraussichtlich 67 Prozent auf 4,43 Milliarden Euro erhöhen wird - statt Schleusen gegen unnötige Subventionierungen zu schließen. Statt jenen Bereich durch neue Finanzierungssysteme abzusichern, der erste Priorität haben müsste: die Pflege hilfsbedürftiger Menschen.

Sie erreichen die Autorin unter

carina.kerschbaumer@kleinezeitung.at