Die Vereinten Nationen haben die massenhafte Verbreitung von Waffen in Libyen als eines der dringendsten Probleme nach dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi bezeichnet. Auch für die Nachbarstaaten sei dies dringend, sagte der UN-Sonderberater Ian Martin am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Er habe Gespräche mit dem Innenministerium der Übergangsregierung über die Herausforderungen bei der inneren Sicherheit geführt. Dazu gehöre der Neuaufbau der libyschen Polizei.

Martin erstellt im Auftrag von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon einen Bericht über den Wiederaufbau in Libyen nach dem sechsmonatigen Bürgerkrieg. Dazu werde er vermutlich Ende kommender Woche vor dem Sicherheitsrat Stellung nehmen, sagte Martin.

Angriff auf Bani Walid könnte bevorstehen

Die Verhandlungen um eine friedliche Übergabe einer der letzten Bastionen des langjährigen libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi sind nach Angaben der neuen Führung des Landes gescheitert. Verhandlungsführer Abdallah Kenshil sagte am Sonntag, die Gespräche unter Vermittlung von Stammesführern der Wüstenstadt Bani Walid seien beendet worden. Kenshil deutete einen möglichen Angriff auf die Stadt an.

Unter der Vermittlung von Stammesführern hatten Vertreter der neuen libyschen Führung mehrere Tage lang versucht, die Gaddafi-treuen Kämpfer zum Aufgeben zu bewegen. Die Verhandlungsführer der Gaddafi-Gegner betonten, sie wollten eine friedliche Übergabe der Stadt erreichen. Am Samstag stellten sie den Kämpfern ein Ultimatum bis Sonntagvormittag 10.00 Uhr, um sich zu ergeben. Nach dem Ablauf der Frist fanden noch einmal letzte Gespräche statt.

Am Abend erklärte Kenshil die Verhandlungen dann vor Journalisten an einem Kontrollposten nördlich von Bani Walid für gescheitert. Auf die Frage, ob die Kämpfer der neuen libyschen Führung die Stadt nun angreifen würden, sagte er: "Ich überlasse es dem Kommandanten, mit dem Problem umzugehen." Er als Verhandlungsführer habe "nichts weiter anzubieten". Die Frage, ob die Gespräche gescheitert seien, beantwortete er mit dem Satz: "Was mich angeht, ja."

Bereits erste Gefechte

Bani Walid ist eine Hochburg des mächtigen Warfalla-Stammes, der Gaddafi die Treue hält. Kenshil sagte, "Gaddafi, seine Söhne und viele Vertraute" seien in Bani Walid gewesen. Viele seien jedoch entkommen, doch die Söhne Saadi und Muatassim seien noch immer in der rund 180 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tripolis gelegenen Stadt. Auch Gaddafis früherer Sprecher Mussa Ibrahim halte sich noch dort auf.

Nahe Bani Walid gab es in der Nacht zum Sonntag nach Angaben des Übergangsrates bereits vereinzelt Gefechte. In der Stadt selbst soll es aber noch keine Kämpfe gegeben haben. Nach Angaben von geflüchteten Bewohnern haben viele Gaddafi-Kämpfer Bani Walid inzwischen verlassen und sich mit schweren Waffen in die Berge zurückgezogen.