Der Kompromissvorschlag zum umstrittenen deutschen Bahnprojekt Stuttgart 21 von Schlichter Heiner Geißler hat nicht zu einer schnellen Befriedung des Konflikts geführt. Während Geißler am Samstag für seine Idee warb, äußerten sich die Deutsche Bahn und der Bund skeptisch. Die Gegner zeigten sich aufgeschlossen, ihre Forderung nach einem Baustopp stößt bei der Bahn aber auf taube Ohren.

Geißler hatte am Freitag eine Kombination vorgeschlagen: den oberirdischen Kopfbahnhof für den Nahverkehr zu nutzen und den geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhof für den Fernverkehr. Das Projekt Stuttgart 21 sieht bisher den Tiefbahnhof anstelle des bisherigen Kopfbahnhofs vor, die Kosten für den Neubau sind mit 4,1 Milliarden Euro veranschlagt.

Geißler, einst CDU-Generalsekretär, sagte im Radiosender SWR1: "Stuttgart 21 ist mit enormen finanziellen Risiken verbunden, die schlecht kalkulierbar sind." Der von ihm vorgeschlagene Kompromiss sei "billiger und zweimal besser". Bei Zustimmung aller Beteiligten sei er auch baurechtlich in absehbarer Zeit umsetzbar.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), ein strikter Stuttgart-21-Gegner, forderte eine ernsthafte Prüfung des Vorschlags. "In dem neu angestoßenen Diskussionsprozess liegt eine große Chance", sagte sein Sprecher am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. "Das renommierte Verkehrsberatungsbüro sma hat den Vorschlag mitentwickelt; das gibt ihm hohes Gewicht." Zudem werde derzeit in Zürich ein ähnliches Modell umgesetzt.

Die Gegnergruppe "Parkschützer" verlangte Zeit, um Geißlers Vorschläge in Ruhe zu prüfen. Die Bahn dürfe in dieser Zeit keine Fakten schaffen, forderte ihr Sprecher Matthias von Herrmann. Die Deutsche Bahn entgegnete, der Kompromiss würde das Bahnprojekt um zehn Jahre zurückwerfen. Für die vorgeschlagene Kombination gebe es keinerlei Planfeststellung, sagte ein Konzernsprecher.