Die Europaabgeordneten haben die Weichen für ein Justizverfahren in Österreich gegen den mit Betrugsvorwürfen konfrontierten EU-Abgeordneten Hans-Peter Martin gestellt. Der Rechtsausschuss in Brüssel stimmte einstimmig für eine von der Staatsanwaltschaft Wien geforderte Aufhebung von Martins parlamentarischer Immunität. Endgültig entscheiden soll das Plenum des Europaparlaments im September.
Ins Rollen gebracht hatte die Causa der mittlerweile von Martin in Unfrieden geschiedene frühere Kollege Martin Ehrenhauser. Der frühere Büroleiter Martins hatte seinen Ex-Chef bei der Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf "schweren Betrug", "Untreue" und "Förderungsmissbrauch" angezeigt. Ehrenhauser wirft Martin vor, aus der Wahlkampfkostenrückerstattung "eine Million Euro Steuergeld abgezweigt" zu haben.
Martin bestreitet diese Vorwürfe. "Selbstverständlich setze ich diese parlamentarische Arbeit auch intensiv fort, wenn im September 2011 nunmehr schon - wie bereits Anfang 2008 - zum zweiten Mal meine Immunität aufgehoben werden wird", betonte Martin. "Dabei werde auch ich für die Aufhebung stimmen, da sie die formale Voraussetzung dafür ist, dass sich die Staatsanwaltschaft in Wien mit den haltlosen Betrugsvorwürfen beschäftigen kann."
Bereits im Jahr 2008 hatte das Europaparlament die Immunität von Martin aufgehoben. Mit dem Beschluss machte das EU-Parlament damals den Weg für eine Privatklage von Martins früherer Steuerberatungskanzlei Merkur Treuhand frei. Die Kanzlei hatte den EU-Abgeordneten in Zusammenhang mit der Verwendung der Sekretariatszulage für Mitarbeiter auf Kreditschädigung geklagt. Das Strafverfahren, das die frühere Steuerberatungskanzlei des damaligen Finanzstaatssekretärs Matznetter wegen Kreditschädigung gegen den EU-Abgeordneten angestrengt hatte, wurde kurz darauf vom Straflandesgericht Wien eingestellt, die Anklage der Merkur-Treuhand zurückgewiesen.