WIEN. Nicht nur Deutschland hat seinen "Dr. Guttenberg". Auch in Österreich wird von Studenten plagiiert, werden Seminar- und Diplomarbeiten oder Dissertationen von Ghostwritern gekauft.
Ein Bericht darüber in der Kleinen Zeitung, der auf die weitgehende Straffreiheit für Betrüger hinwies, hat Rechtsexperten auf den Plan gerufen: "Wir brauchen die Wiedereinführung des Disziplinarstrafrechts für Studenten", fordert Helmut Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht der Uni Wien. Dem stimmt der Grazer Strafrechtler Peter Schick "absolut" zu. Beide wollen, wie es bis 1972 möglich war, beim Betrügen erwischte Studenten "ein bis drei Jahre von der Uni ausschließen", sagt Fuchs. Auch der Wiener Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk will Sanktionen. Ihm wäre aber die Wiedereinführung des vor Jahrzehnten abgeschafften Tatbestands für falsche, eidesstattliche Erklärungen (bei Vorlage der akademischen Arbeit) lieber als Disziplinarrecht.
Uneinig sind sich die Experten, ob Ghostwriter und Auftraggeber akademischer Arbeiten strafrechtlich verfolgbar seien. Die beiden Wiener bestreiten dies mit dem Argument, das Verwaltungsverfahren beginne nach der Prüfung. Der Grazer sieht in einer von Ghostwritern verfassten Arbeit und deren Vorlage eine im Verwaltungsverfahren relevante Beweismittelfälschung, die mit Gefängnis bis zu einem Jahr zu bestrafen ist. Er verweist auf eine Anklage vor acht Jahren in Graz, die bis zum Obersten Gerichtshof gegangen sei. Fuchs regt jetzt an, Ghostwriter mit Geldstrafen von 10.000 Euro zu bedrohen.
Aufregung gab es gestern im Parlament. Rainer Widmann (BZÖ) zitierte einen Bericht der Kleinen Zeitung über akademischen Schwindel. Er forderte Infos von Ministerin Beatrix Karl über die Zustände an den Unis und Konsequenzen - auch im Falle eines grünen Bezirksrates aus Wien. WOLFGANG SIMONITSCH