Im russisch geprägten Osten und Süden der Ukraine nehmen die Proteste gegen die Zentralregierung in Kiew immer mehr zu. In Donezk stürmten pro-russische Demonstranten am Sonntag die Büros der Sicherheitskräfte und der Staatsanwaltschaft. In Charkiw, Odessa, Lugansk, Saporoschje und Dnjepropetrowsk demonstrierten jeweils Hunderte für ein Referendum nach dem Vorbild der Krim.

In der Großstadt, der Heimat des entmachteten und nach Russland geflüchteten Präsidenten Viktor Janukowitsch, hatte es bei Zusammenstößen mit proeuropäischen Anhängern bereits mindestens einen Toten gegeben. Zwei weitere Menschen waren bei einer Schießerei zwischen radikalen Gruppierungen in Charkow (Charkiw) getötet worden. Beobachter sehen nach dem Referendum auf der Krim die Region als nächsten Brennpunkt in der früheren Sowjetrepublik.

Die Demonstranten in Donezk hissten auf mehreren Verwaltungsgebäuden die russische Flagge und forderten die Freilassung des selbst ernannten "Volksgouverneurs" Pawel Gubarew. Er war festgenommen worden, nachdem er mit anderen prorussischen Aktivisten den Verwaltungssitz gestürmt und sich zum Gouverneur erklärt hatte.

In Charkow stürmten prorussische Demonstranten die Büros mehrerer Organisationen wie etwa dem Rechten Sektor, der aus Mitgliedern neofaschistischer Splittergruppen und Hooligans besteht. Die Teilnehmer hätten Bücher aus den Gebäuden in einen Hof geworfen und angezündet. Auch hier habe die Polizei nicht eingegriffen, hieß es.

In Odessa, Lugansk, Saporoschje und Dnjepropetrowsk demonstrierten ebenfalls jeweils Hunderte für ein Referendum nach dem Vorbild der Krim. Innenminister Arsen Awakow warnte in Kiew vor "Provokateuren", die die Lage in der Ukraine destabilisieren wollten.

Nach dem Sturz von Janukowitsch im Februar kommt es im Osten und Süden der Ukraine immer wieder zu Gewaltausbrüchen. Beteiligt sind meist Anhänger einer engeren Anbindung an Russland sowie Nationalisten - von denen einige auch aus Russland einreisen - auf der einen Seite sowie Gefolgsleute der neuen Regierung in Kiew auf der anderen Seite.

Das russische Außenministerium hatte kritisiert, dass die Führung in Kiew die Lage nicht unter Kontrolle habe. Der Ministeriumsmitarbeiter Konstantin Dolgow nannte die Festgenommenen von Charkow "kampfbereite Neofaschisten". Dagegen warfen ukrainische Funktionäre den Russen vor, gezielt blutige Provokationen in dem Land zu organisieren.