Mit einer fröhlichen Trauerfeier hat die Welt von Südafrikas Nationalhelden Nelson Mandela Abschied genommen. Zehntausende Menschen feierten am Dienstag im Fußball-Stadion Soccer City singend und tanzend das Leben ihres ersten schwarzen Präsidenten, der am Donnerstag im Alter von 95 Jahren gestorben war.

Schlechtes Wetter, fröhliche Stimmung

Gemeinsam mit fast hundert Staats- und Regierungschefs harrten sie stundenlang im strömenden Regen aus, um Mandela die letzte Ehre zu erweisen. US-Präsident Barack Obama würdigte den Verstorbenen als einen Giganten der Geschichte und rief dazu auf, seinen Kampf fortzusetzen - gegen Hunger, Krankheit und politische Verfolgung. "Zu viele Staatschefs erklären sich mit Madibas Kampf für die Freiheit solidarisch, aber dulden im eigenen Volk keinen Widerspruch", kritisierte er, indem er Mandela bei seinem Stammesnamen ansprach. "Und zu viele von uns stehen an der Außenlinie, ruhen sich in Selbstgefälligkeit und Zynismus aus, anstatt ihre Stimme zu erheben."

Trotz des schlechten Wetters war die Stimmung im Stadion fröhlich. Schon auf dem Weg dorthin tanzten Weiße und Schwarze in überfüllten S-Bahn-Waggons, tröteten mit Vuvuzela-Plastik-Trompeten und sangen die Hymnen der Anti-Apartheid-Bewegung. "Ich war hier, als Mandela 1990 freigelassen wurde, und jetzt bin ich wieder hier, um Abschied von ihm zu nehmen", sagte die 51-jährige Beauty Pule. "Ich bin mir sicher, dass Mandela stolz war auf das Südafrika, das er mit erschaffen hat - es ist nicht perfekt, aber keiner ist perfekt, und wir haben große Fortschritte gemacht."

Seit Mandelas Tod ist der Himmel über Johannesburg bewölkt und es regnet, was sehr untypisch für die Jahreszeit ist. Nach afrikanischer Tradition ist dies ein Zeichen dafür, dass ein verehrter Stammesältester gestorben ist und seine Vorfahren ihn im nächsten Leben begrüßen.

Historischer Händedruck Obamas und Castros

Zahlreiche Redner würdigten Mandela, der während des Apartheid-Regimes 27 Jahre in Haft saß, als einen der großen Helden des 20. Jahrhunderts. Die Zeremonie fand im Soccer-City-Stadion mit seinen 95.000 Plätzen statt, das im Leben Mandelas eine große Rolle spielte. Nach der Freilassung aus dem Gefängnis hatte er dort vor 23 Jahren seine erste große Kundgebung abgehalten. Das Stadion war auch Schauplatz seines letzen öffentlichen Auftritts - beim Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2010. Die Trauerfeier wurde auf Großleinwänden auch in drei weitere Fußball-Stadien in Johannesburg sowie im Fernsehen übertragen.

Ganz im Geiste Mandelas kamen am Rande der Zeremonie auch alte Feinde einander näher: Obama reichte auf dem Weg zum Redner-Podium Kubas Präsidenten Raul Castro die Hand, der diese lächelnd ergriff. Es war eine seltene Geste zwischen Präsidenten der beiden Länder, die seit mehr als 50 Jahren verfeindet sind. Im Jahr 2000 schüttelte Rauls Vorgänger und Bruder Fidel Castro bei einer zufälligen Begegnung bei den Vereinten Nationen dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton die Hand.

"Er bewirkt im Tod, was er schon im Leben bewirkte: Er bringt Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit unterschiedlichen Meinungen, politischen Zielen und Religionen zusammen", sagte Mandelas frühere Assistentin Zelda la Grange.

Der jetzige südafrikanische Präsident Jacob Zuma wurde von der Menge im Stadion ausgebuht. Zumas Amtszeit wird von zahlreichen Skandalen und Korruptionsaffären überschattet, die in Gegensatz zu Mandelas Wirken stehen. Zuma ist seit 2009 im Amt.

Obama betonte in seiner Rede den großen Einfluss, den Mandela auf sein Leben gehabt habe. Als Student habe er von ihm und den Kämpfen in Südafrika gehört. "Das hat etwas in mir bewegt, es hat mir meine Verantwortung klar gemacht gegenüber anderen, aber auch gegenüber mir selbst - und es hat den Anstoß gegeben zu dieser unwahrscheinlichen Reise, die mich bis hierher geführt hat", sagte der erste schwarze Präsident der USA.

Erzbischof Tutu sorgte für Erheiterung

Mit Mandelas Tod müsse sich jeder fragen, wie gut er die Lehren des Friedensnobelpreisträgers im eigenen Leben umgesetzt habe. "Er hat sich seinen Platz in der Geschichte durch Kampf und Gerissenheit, durch Ausdauer und Glauben verdient", sagte Obama. "Er zeigt uns, was möglich ist - nicht nur auf den Seiten staubiger Geschichtsbücher, sondern auch in unserem eigenen Leben".

Zum Ende der Trauerfeier für Mandela sorgte der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu im Stadion für Erheiterung. Angesichts der Unruhe, die während der gesamten Zeremonie am Dienstag unter den Zuschauern geherrscht hatte, forderte der Geistliche vor seinem Segen absolute Ruhe: "Ich werde euch meinen Segen nicht spenden, bevor ihr nicht alle still seid. Seid diszipliniert, (...) ich möchte einen Stift fallen hören", sagte der Friedensnobelpreisträger.

Plötzlich wurde es absolut still im Rund. Auf der Tribüne schmunzelten Mandelas Witwe Graca Machel und seine Ex-Frau Winnie Madikizela-Mandela.

Nach der Trauerfeier wird Mandela in Pretoria aufgebahrt, wo er 1994 als erster Schwarzer den Eid für das Präsidentenamt leistete. Er soll am Sonntag in seiner Heimatstadt Qunu am Ostkap beerdigt werden.