Erstmals in der Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs für Ex-Jugoslawien (ICTY) ist ein Richter von einem Prozess abgezogen worden. Der Däne Frederik Harhoff wurde vom Prozess gegen den serbischen Ultranationalisten Vojislav Seselj ausgeschlossen. Er hatte dem Gerichtspräsidenten Meron (USA) vorgeworfen, auf den Freispruch serbischer und kroatischer Offiziere hingewirkt zu haben.
Harhoffs hatte an 56 Kollegen geschrieben. In dem Schreiben bezieht er sich auf Freisprüche mehrerer ranghoher Offiziere aufgrund einer Gesetzesinterpretation, derzufolge Offiziere nicht notwendigerweise für Kriegsverbrechen ihrer Untergebenen verantwortlich sind. Der dänische Richter wies darauf hin, dass die militärische Elite in den USA und Israel womöglich auf dieser Auslegung der Gesetze bestanden haben könnte. Nachdem der Brief im Juni an die Öffentlichkeit gelangte, stellte Seselj einen Befangenheitsantrag gegen Harhoff.
Seselj muss sich wegen Verbrechen in Bosnien und Kroatien während der Balkankriege von 1991 bis 1994 verantworten. Die Anklage fordert 28 Jahre Haft für Seselj, der sich in Den Haag selbst verteidigt. Der Führer der Serbischen Radikalen Partei (SRS) hatte sich im Februar 2003 freiwillig dem Tribunal gestellt und auf unschuldig plädiert.
Das Urteil in dem Prozess sollte ursprünglich am 30. Oktober fallen. Der Vize-Präsident des Strafgerichtshofs entscheide nun über das weitere Vorgehen in dem Verfahren, sagte Gerichtssprecherin Magda Spalinska der Nachrichtenagentur AFP.