Der internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi hat einen neuen Anlauf für eine Beilegung des Konflikts in Syrien unternommen. Er habe mit Präsident Bashar al-Assad einen Meinungsaustausch über die "zahlreichen Etappen in die Zukunft" gehabt, sagte Brahimi am Montag in Damaskus. Ein Einsatz chemischer Waffen wäre für die syrische Führung nach den Worten des russischen Außenministers Sergej Lawrow "politischer Selbstmord".

Die Fortsetzung der bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen, Milizen und Aufständischen nannte Brahimi "beunruhigend". Er hoffe darauf, dass "alle Parteien" eine Lösung "im Sinne des syrischen Volkes" anstrebten. Assad habe ihm dazu seinen "Standpunkt" erläutert, er habe umgekehrt von seinen Treffen mit Politikern im Ausland berichtet, sagte der algerische Diplomat, der im Namen von UNO und Arabischer Liga tätig ist.

Assad habe Brahimi gegenüber den "Willen der Regierung" in Damaskus hervorgehoben, "allen Anstrengungen zum Erhalt der Souveränität und Unabhängigkeit des Landes zum Erfolg zu verhelfen", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. An dem Treffen mit Brahimi nahmen demnach auch Außenminister Walid Muallem, sein Stellvertreter Faisal Mekdad und Assads Beraterin Butaina Shaaban teil.

Es ist der dritte Besuch Brahimis in Syrien, seit er im August sein Amt angetreten hat. In westlichen Diplomatenkreisen wird gemunkelt, dass dies auch seine letzte Reise nach Damaskus sein könnte, falls es keine Bewegung in dem Konflikt gibt. Sein Vorgänger Kofi Annan hatte im Sommer aufgegeben. Im Anschluss an das Treffen mit Assad wollte Brahimi noch mit der von dem Regime geduldeten Opposition zusammenkommen.

Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, hat Brahimi bei dem Besuch den syrischen Präsidenten persönlich darum bitten wollen, Repräsentanten des Regimes für eine gemeinsame Übergangsregierung mit der Opposition zu benennen. Ein Großteil der Rebellen lehnt eine Lösung unter Beteiligung des Machthabers aber ab. Vor gut zwei Wochen hatten die stellvertretenden Außenminister Russlands und der USA mit dem Sonderbeauftragten Brahimi bei einem kurzfristigen Treffen in Genf nach einer politischen Lösung der Krise gesucht und über die Möglichkeit einer Übergangsregierung beraten.

Der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow lud Brahimi nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax ein, nach seinem Treffen mit Assad für einen "Meinungsaustausch" nach Moskau zu kommen. Brahimi ist seit September Syrien-Sondergesandter. Bei seinem Besuch in Damaskus Mitte Oktober hatte er eine Waffenpause für das muslimische Eid-al-Adha-Fest vermittelt, die bereits nach wenigen Stunden nicht mehr beachtet wurde.

"Politischer Selbstmord"

Ein Einsatz chemischer Waffen wäre für die Führung unter Assad ein "politischer Selbstmord", sagte Lawrow. "Ich glaube nicht, dass Syrien chemische Waffen einsetzen würde", ergänzte der russische Außenminister in einem am Montag ausgestrahlten Interview des staatlichen russischen Rundfunksenders RT. Das russische Außenministerium bestätigte am Montag Berichte, wonach sich Moskau auf eine mögliche Evakuierung der in Syrien lebenden russischen Staatsbürger vorbereitet.

Assad machte der russischen Führung gegenüber laut Lawrow wiederholt die Zusage, dass der Einsatz von Chemiewaffen in dem Konflikt nicht angeordnet werde. Die Regierung in Moskau ist Syriens wichtigster Verbündeter. Mehrfach verhinderte Russland im UNO-Sicherheitsrat Beschlüsse, in denen die Führung in Damaskus wegen des Konflikts gebrandmarkt und mit Strafmaßnahmen bedroht werden sollte. Nach Zusammenstellungen von syrischen Menschenrechtsgruppen wurden seit dem Beginn des Volksaufstandes gegen das Polizei- und Geheimdienstregime Assads im März 2011 insgesamt mehr als 44.000 Menschen getötet.

Landesweit gingen die Kämpfe am Montag mit unverminderter Heftigkeit weiter. Aktivisten in der Unruheregion Homs gaben an, dass Regierungstruppen bei ihren Luftangriffen jüngst auch "giftige Gase" eingesetzt hätten. Sechs Rebellen seien erstickt, hieß es. Rund 71 Menschen wurden laut Opposition mit Atemproblemen und Übelkeit in Kliniken gebracht. Auch im Großraum Damaskus eskaliert derzeit die Gewalt. Wegen der heftigen Gefechte rund um die Flughafen der syrischen Hauptstadt hatte selbst Vermittler Brahimi auf dem Landweg von Beirut nach Damaskus reisen müssen.