Nach Einschätzungen des israelischen Militärs ist die Schiiten-Miliz Hisbollah stark geschwächt: Man gehe von 2000 getöteten Hisbollah-Kämpfern aus, die Befehlskette sei gründlich zerschlagen. Der israelische Generalstabschef sieht die Schiiten-Miliz geschwächt: „Wir haben die oberste Befehlskette der Hisbollah zerschlagen. Nun besteht die Möglichkeit, dass die Kampfhandlungen beendet werden könnten“, sagte er bei einer Lagebesprechung. Aber noch tobt der Krieg. Soldaten der UNIFIL haben sich von einem Beobachtungsposten zurückgezogen, nachdem sie von israelischen Einheiten beschossen worden sind.

US-Außenminister sucht nach diplomatischen Lösungen

US-Außenminister Blinken hat versucht, diplomatische Lösungen auszuloten. Bei einem Treffen mit dem libanesischen Regierungschef Nadschib Miqati in London fordert er eine Entwaffnung der pro-iranischen Hisbollah-Miliz. Er sieht die vollständige Umsetzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates als erforderlich, damit entlang der Grenze zwischen Israel und dem Libanon Sicherheit herrschen kann. Die Resolution 1701 war während des Libanon-Kriegs 2006 vom UN-Sicherheitsrat einstimmig verabschiedet worden. Sie sieht vor, dass es im Libanon außer der libanesischen Armee und der UN-Truppe UNIFIL keine anderen bewaffneten Gruppen geben dürfe. Dieser wesentliche Punkt wurde jedoch nie umgesetzt. Die Hisbollah wurde seitdem vom iranischen Regime weiter aufgerüstet und zog ihre bewaffneten Kämpfer nie aus dem Grenzgebiet zu Israel ab, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wäre.

Ramsauer: „UNIFIL hätte ein robusteres Mandat gebraucht“

Petra Ramsauer, Politikwissenschaftlerin und langjährige Krisenreporterin im Nahen Osten, auf die Frage, ob die UNIFIL im Libanon gescheitert ist: „Um der libanesischen Armee zu helfen, die Hisbollah aus ihrem Gebiet zu vertreiben, hätte sie ein robusteres Mandat gebraucht.“ Nämlich auch, Waffengewalt nicht nur zur Selbstverteidigung einsetzen zu dürfen. Was jedoch gescheitert ist, ist die internationale Gemeinschaft, die Jahr für Jahr ab 2006 versucht hat, dieses Mandat zu präzisieren und zu verstärken. Aber auch hier gab es keine Mehrheiten im Sicherheitsrat. Über die Jahre wurde die Hisbollah mit mittlerweile geschätzten 40.000 Kämpfern immer stärker im Libanon und zu einer der stärksten außerstaatlichen Miliz weltweit.

Einbindung Irans in Gespräche notwendig

In den nächsten Tagen gibt es laut Ramsauer in Qatar Gespräche zu den Themen Waffenstillstand und auch Geiselbefreiung im Gaza. Im Libanon schaltet sich auch der französische Präsident sehr massiv ein, beschreibt Ramsauer. Die internationale Gemeinschaft hat ein großes Interesse daran, dass es Gespräche gibt. Allerdings betont Ramsauer ebenso, dass es immer wieder eine Einbindung des Irans brauchen wird, der hinter der Hisbollah steht.

Zur Einschätzung, wann ein Rückschlag seitens Israel auf den Iran sein könnte, betont Ramsauer, dass es bereits in den nächsten Tagen soweit sein soll: „Israels Regierung übt hier gewissermaßen auch einen Nervenkrieg.“ Die iranische Armee hat angekündigt, auf Alarmbereitschaft zu sein und bei einem Angriff auch sofort die Gegenoffensive zu starten. „Was man vor allem in den amerikanischen Medien gerade liest ist, dass sich die israelische Führung dazu entschieden hat, nicht so vehement anzugreifen, wie man ursprünglich geplant hat“, so Ramsauer.