Die Causa Schilling bereitet der grünen Parteispitze zunehmend Kopfzerbrechen. So sei es nahezu unmöglich, öffentlich reinen Tisch zu machen, weil dadurch die Privatsphäre vieler Personen verletzt werden würde, heißt es. Nicht einmal Insider blicken in allen Punkten genau durch. Die grüne Parteispitze hält an der Spitzenkandidatin Lena Schilling weiterhin fest, ein Rückzug ist nicht in Sicht.
Bisher schien es so, als ob die Grünen das Thema aussitzen wollen. Nun droht das Thema auch den Nationalratswahlkampf zu überschatten. Bekanntlich hat das Ehepaar Bohrn Mena die grüne Spitzenkandidatin auf Widerruf geklagt, weil diese mutmaßliche Unwahrheiten über häusliche Gewalt verbreitet haben soll. Die erste Tagsatzung findet zwar nach der EU-Wahl, am 21. Juni, statt. Für den 22. Juni ist allerdings der Grüne Bundeskongress, der die Liste für die Nationalratswahl fixieren soll, anberaumt. Die Causa wird allerdings nicht nur von außen, sondern auch aus grünen Kreisen befeuert, das Gerangel um die Listenplätze hat längst begonnen.
Sebastian Bohrn Mena will aber, wie er gegenüber der Kleinen Zeitung versichert, eine Reihe von Zeugen, darunter mehrere grüne und nicht-grüne Politiker, laden und Chats vorlegen, die belegen sollen, dass es die 23-jährige Spitzenkandidatin mit der Wahrheit nicht so genau nehme. Diese durchaus pikanten Verfahren würden ausgerechnet im September, wenn der Wahlkampf mit Spitzenkandidat Werner Kogler in die heiße Phase tritt, über die Bühne gehen. „Wenn Lena Schilling öffentlich kundtut, dass sie die Behauptungen frei erfunden hat und mehreren Menschen zugetragen hat, ist die Geschichte erledigt“, gibt sich Bohrn Mena kompromissbereit.
Schillings Anwältin Maria Windhager kontert, sie sehe „rein rechtlich gesehen keinen Anlass, diesen Schritt zu setzen, weil Schilling diese Äußerungen nur im engen Umfeld getätigt habe.“ Noch dazu müsse vom Gericht als Vorfrage geklärt werden, ob die in privaten Kreis getätigten Äußerungen überhaupt rechtswidrig seien.
Keine Rochade mehr möglich
Ein Wechsel an der Spitze der EU-Kandidatenliste ist bekanntlich nicht mehr möglich, da die Fristen für eine Rochade bereits abgelaufen ist. Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass der Spitzenkandidat seine Pläne ändert. Grünen-Chef Kogler wollte 2019 nach Straßburg ins EU-Parlament übersiedeln, blieb aber in Österreich. 2017 nahm Peter Pilz sein Mandat im Nationalrat nach sexuellen Belästigungsvorwürfen nicht an.