Die versammelten Gegner der FPÖ haben in den letzten Jahren, vor allem in den letzten Monaten, einen zentralen taktischen Fehler gemacht. Sie versuchten recht fantasielos, die Kickl-Truppe pauschal als rechtsextrem zu brandmarken. Das ist zwar bequem. Aber es ist inhaltlich fragwürdig, verharmlost Rechtsextremismus und verfängt nicht bei jenen heimatlosen konservativen Wählern, die sich von der mitunter nach links driftenden ÖVP abwenden.
Ergebnis war bisher eine beinahe einzementierte, über Monate vorhaltende Dominanz der FPÖ in Wahlumfragen. Doch jetzt könnte, fast schon unerwartet, noch einmal Bewegung ins Lagebild kommen. Denn plötzlich kumulieren inhaltliche Vorwürfe gegen die Blauen. Und Kickl, der gestern vor den U-Ausschuss treten musste, ist in der Defensive. Den mutmaßlichen Russland-Spion Egisto Ott schiebt er weit weg von sich. Dass sein Parteifreund Hans-Jörg Jenewein Kontakte zu Ott unterhielt, bringt den FPÖ-Chef in die Bredouille. In der Spionagecausa liegt vermutlich noch viel Brisanz.
Kein Ruhmesblatt ist auch das Verhalten von Ex-FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Akten zur Gesundheitsreform ließ sie als „privat“ sperren. Nun bezeichnete sie die berüchtigte „Patientenmilliarde“ (mit der sich auch die FPÖ einst brüstete) achselzuckend als „Marketing-Wording“. Im Klartext: War nur ein Werbeschmäh und eh nie ernstgemeint. Das ist über den Anlassfall hinaus empörend: Exakt so zerstört man die letzten Reste von Vertrauen in politisches Handeln. Exakt so bringt man eine Reform in Verruf und die Bürger gegen den Staat auf. Wenn das nur aus hochnäsiger Publikumsverachtung geschah, ist es schlimm genug. Sollte jemand das für Strategie halten, dann ist es ein Spiel mit dem Feuer.
So was fällt nahezu immer auf den Urheber zurück. Die FPÖ wird eine bessere Strategie brauchen, sonst wird der Flurschaden bis zur Wahl im Herbst ziemlich groß. Umfragevorsprung hin oder her: In Wien sind bekanntlich schon Hausherren gestorben.
Lebensfreude am Freitag wünscht