EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Straßburg die Einrichtung eines Büros für Innovation im Verteidigungsbereich im ukrainischen Kiew angekündigt. Dies werde die Ukraine näher an Europa heranführen. Es sei zudem an der Zeit, über die Verwendung eingefrorener russischer Vermögenswerte für den gemeinsamen Erwerb militärischer Ausrüstung für die Ukraine zu sprechen. Es gebe „kein stärkeres Zeichen und keine bessere Verwendung“.
„Nicht zurücklehnen“
„Die einfache Wahrheit ist: Wir können es uns nicht erlauben, uns zurückzulehnen. Wir haben keine Kontrolle über Wahlen oder Entscheidungen in anderen Teilen der Welt. Ob mit oder ohne Unterstützung unserer Partner: Wir dürfen Russland nicht gewinnen lassen“, so von der Leyen. „Ein Krieg droht zwar nicht unmittelbar, aber er ist auch nicht auszuschließen. Unsere erste und dringend notwendige Aufgabe ist es, die Streitkräfte der Mitgliedstaaten wieder aufzubauen, zu verstärken und zu modernisieren.“
Durch die Einrichtung des Büros in Kiew könnten „alle Mitgliedstaaten auf die Erfahrungen und das Fachwissen der Ukraine im Bereich der industriellen Verteidigungsinnovation zurückgreifen“. Von der Leyen betonte auch die bisher gemachten Fortschritte beim Ausbau der Kapazitäten der europäischen Verteidigungsindustrie: Die europäische Munitionsproduktion solle bis Ende 2025 auf über 2 Millionen Granaten pro Jahr etwa verdoppelt werden. Das EU-Ziel, bis März 2024 eine Million Stück Munition an die Ukraine zu liefern, wurde ja verfehlt.
Verteidigungsindustrie „massiv hochfahren“
Sie betonte, dass „die Kapazitäten unserer Verteidigungsindustrie innerhalb der nächsten fünf Jahre massiv hochgefahren werden“ müssten. Im Mittelpunkt müsse dabei ein einfacher Grundsatz stehen: „Europa muss mehr Geld in die Hand nehmen.“ Sie bestätigte, die Kommission werde „in den nächsten Wochen Vorschläge einer allerersten Strategie für eine europäische Verteidigungsindustrie vorlegen“. Eines der zentralen Ziele dieser Strategie ist laut von der Leyen die gemeinsame Beschaffung im Verteidigungsbereich. Als erfolgreiche Beispiele für EU-Beschaffungen nannte sie Impfstoffe während der Coronapandemie oder Erdgas.
„Aber dazu bedarf es eines starken gemeinsamen Signals an die Industrie. Deshalb werden wir prüfen, wie wir durch Garantien feste Abnahmeverträge oder Abnahmevereinbarungen erleichtern können. So könnte unsere Verteidigungsindustrie langfristig auf stabile Aufträge bauen, und sie hätte zugleich mehr Planungssicherheit“, antwortete die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin auf eine häufig genannte Kritik von Vertretern der Industrie, die auf langfristige Planungssicherheit pochen.