Seit ich frühmorgens aufstehen muss – also eigentlich, seit ich von alleine stehen kann – fällt mir das Wachwerden schwer. Mein Wecker ist mein wichtigster Begleiter und mein schlimmster Feind. Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass ich immer auf ihn höre. Als ich vor zwei Jahren die Ausbildung zum freiwilligen Rettungssanitäter im italienischen Roten Kreuz antrat, gab es vor allem eine Vorstellung, die mir panische Angst machte: Nachtschicht haben, und den Alarm verschlafen. Doch als wenige Monate später die erste Nachtschicht kam, überraschte ich mich selbst: zwischen Alarmglocke und Abfahrt mit Blaulicht und Sirene lagen knapp 22 Sekunden. Keine halbe Minute zwischen Tiefschlaf und messerscharfer Aufmerksamkeit. Ein kleiner Schritt für einen Rettungssanitäter, aber ein großer Sprung für mich.
Julian Vierlinger