Rund 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, sind am Freitag bei einem schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn 94 in Bayern mindestens sieben Menschen getötet und weitere 16 zum Teil schwer verletzt worden. Unter den Toten ist auch ein sechsjähriges Kind. Der Unfall eines mutmaßlichen Schlepperfahrzeugs ereignete sich Freitagfrüh auf Höhe der Anschlussstelle Waldkraiburg/Ampfing, wie die Polizei mitteilte. Der Kleintransporter mit Wiener Kennzeichen mit 22 Personen wurde von einem staatenlosen 24-Jährigen aus Österreich gesteuert. Er wurde festgenommen.
Laut Medienberichten wurde bereits eine Wohnung in Wien durchsucht, ein Sprecher der Polizeistation Rosenheim in Bayern wollte das der Kleinen Zeitung gegenüber aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht bestätigen.
Fahrzeug mit Wiener Kennzeichen
Mit dem Fahrer haben sich laut dem Sprecher 23 Insassen in dem Auto befunden. Ausgelegt war es auf neun. Bei den Insassen handle es sich um Syrer und Türken. Das Fahrzeug sei von der Fahrbahn abgekommen und habe sich überschlagen. Der Fahrer des in Österreich zugelassenen Wagens überlebte den Unfall verletzt, gegen ihn werde nun ermittelt, so die Polizei.
Der Fahrer habe sich wohl einer Kontrolle entziehen wollen. Den Beamten der Bundespolizei sei das Auto zuvor auf der A 94 aufgefallen. Sie wollten es anhalten. Der Fahrer habe daraufhin stark beschleunigt und sich einer Kontrolle entzogen. Zur hohen Zahl an Toten und Verletzten dürfte laut Polizei auch die Überfüllung des Autos beigetragen haben. Viele der Insassen hätten daher gar nicht angeschnallt sein können.
Weitere Details waren zunächst noch unklar. Es wird nun jedenfalls ermittelt, so der Sprecher aus Rosenheim: "Es handelt sich definitiv um keinen gewöhnlichen Verkehrsunfall, wir ermitteln wegen eines Tötungsdelikts." Man geht von einer illegalen Schleppung durch den Fahrer des Kleintransporters aus. Es deute alles darauf hin. Es gebe "keine andere Erklärung" für das Geschehen, "als dass der Mann die Personen illegal in das Bundesgebiet schleuste". Selbstverständlich gelte aber natürlich die Unschuldsvermutung.
Immer mehr Schlepper
Die Zahl der aufgegriffenen Schlepper sei in den letzten Wochen stark gestiegen, erklärt Gerald Tatzgern, Leiter des Büros gegen Schlepperei und Menschenhandel im Bundeskriminalamt. Mehr als 500 Aufgriffe habe man 2023 bereits verzeichnet, die Justizanstalt Eisenstadt ist regelmäßig überfüllt, da die meisten über Ungarn ins Land kommen.
"Aktuell ist die Lage sehr prekär, weil die Schlepper extrem viele Schleppungen durchführen und gleichzeitig unerkannt durch Österreich kommen wollen. Das erhöht die Gefahr für die transportierten Migrantinnen und Migranten", erklärt Tatzgern. Deutschland gelte aktuell als Hauptzielland, weniger als die Hälfte der Geschleppten wolle dauerhaft in Österreich bleiben. Die Schlepper selbst stammen meist aus jenen Staaten, aus denen die Migranten kommen – Syrien, Türkei, Westbalkan, Rumänien, aber auch Österreicher mit entsprechendem Migrationshintergrund seien dabei – "die Sprache ist ein wichtiger Faktor", sagt Tatzgern. Für die Schlepperorganisationen ist das Geschäft äußerst lukrativ, durchschnittlich werden pro Person zwischen 8000 und 10.000 Euro fällig, ein Transport bringe also bis zu 100.000 Euro. "Die Fahrer selbst bekommen oft nur 500 Euro."
Tatzgern erklärt, dass die Beamten angesichts der Lage im Nahen Osten in den letzten Tagen sensibilisiert wurden, bei ihren Kontrollen auch auf mögliche Bewegungen terroristischer oder extremistischer Personen achten.
Deutsche Innenministerin erschüttert
Die Autobahn in Bayern war an der Unfallstelle am Freitagvormittag in Richtung München weiter voll gesperrt. In der Gegenrichtung war sie wieder teilweise frei. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) reagierte erschüttert. "Dieses furchtbare Ereignis zeigt, auf welch grausame und menschenverachtende Weise Schleuser das Leben von Menschen aufs Spiel setzen", erklärte sie in Berlin. Ihr tief empfundenes Mitgefühl gelte den Opfern und ihre Gedanken gälten insbesondere den Kindern, die mit in das Fahrzeug eingepfercht waren.