14 Jahre arbeitete Zeliha Çiçek als Religionslehrerin in Wien, bis sie ihr Kopftuch ablegte. Nun ist ihr Fall der Gegenstand eines Prozesses vor dem Arbeits- und Sozialgericht in Wien.
Die 47-Jährige klagt die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) wegen Diskriminierung und Verdienstentgang auf insgesamt 60.000 Euro Entschädigung. Weil in Österreich die jeweiligen Glaubensgemeinschaften bestimmen, wer im Fach Religion unterrichten darf. Çiçek war befristet angestellt und soll im Februar 2017 einen Antrag auf eine unbefristete Anstellung beim Land gestellt haben. Das muss unter anderem von der IGGÖ, der jeweiligen Schulleitung und der Bildungsdirektion genehmigt werden. Çiçek erhielt keine Genehmigung. Im Gegenteil.
Kein Kopftuch zu tragen, ist ein "Glaubensverstoß"
In der gestrigen Verhandlung sagte die Zeugin und Schulamtsleiterin der IGGÖ, Carla Amina Baghajati, aus, nie einen solchen Antrag gesehen zu haben. Ebenfalls als Zeuge geladen war der ehemalige IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun. Für ihn ist das Ablegen des Kopftuches ein "Glaubensverstoß". Trotzdem würde man einer islamischen Religionslehrerin deswegen nie eine unbefristete Anstellung verwehren. Auf die Richterfrage, ob es eine islamische Religionslehrerin in Österreich gibt, die kein Kopftuch trägt, sagt Olgun: "Meines Wissens nicht. Wir haben über 600 Lehrer, der Großteil sind Frauen, alle tragen ein Kopftuch."
Nächste Verhandlung im Jänner
Çiçek soll den Antrag damals an Mustafa Yildiz vom Schulamt der IGGÖ gestellt haben. Was damit passiert sein soll, ist bis heute unklar. Auch Yildiz war als Zeuge vorgesehen, er ist nicht zur Verhandlung erschienen. Schon zu Beginn des Prozesses forderte der Richter die Zeugen auf, so konkret wie möglich auf die Fragen einzugehen, "wir haben nur vier Stunden". Doch das Ende des Prozesses verzögert sich ein weiteres Mal. Die nächste Verhandlung findet am 31. Jänner 2024 statt. Çiçek, vertreten von Anwalt Guilherme Spiegelberg, möchte keine Stellungnahme abgeben.
Daniela Breščaković