Noch immer gibt es keine guten Nachrichten, was die fehlenden Medikamente in Österreich betrifft. "Jeder ist aktuell mit Medikamentenengpässen konfrontiert", sagt Michael Mayr, General Manager bei Fresenius Kabi Austria. Kürzlich lud er zu einer Diskussionsrunde, die Veranstaltung wurde vom Österreichischen Generikaverband (OeGV) und dem Biosimilarsverband Österreich (BiVÖ) initiiert und thematisierte die Versorgungssicherheit mit wichtigen Medikamenten in Europa.
Österreich fehlen derzeit fast 600 Medikamente. 568 Medikamente, darunter Antibiotikasäfte für Kinder, Schmerzmittel oder Medikamente für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sind derzeit nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Ärzte und Patienten haben damit zu kämpfen. Sabine Vogler, Leiterin der Abteilung für Pharmaökonomie Gesundheit Österreich (GÖG), nennt als Gründe für die Nichtverfügbarkeit unter anderem Lieferengpässe und Medikamente, die zurückgezogen, nicht oder verspätet auf den Markt gebracht wurden. Der ehemalige Rektor der Medizinischen Universität Graz und ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle spricht von einer "vulnerablen Phase".
Was gefordert wird
In den letzten Jahren ist die Abhängigkeit von Produktionsstätten in Asien, die die Rohstoffe für Medikamente liefern, drastisch gestiegen. Aktuell stammen zwei Drittel der in Europa benötigten Wirkstoffe aus Asien. "China ist der Hauptlieferant von Rohmaterialien und Indien der Hauptproduzent von Fertigarzneimitteln", so Vogler. In den 1950er-Jahren sah das noch anders aus, damals galt Europa als führend bei der Herstellung von Medikamenten. Um die Versorgungssicherheit nachhaltig gewährleisten zu können, müsse der Produktionsstandort Europa gestärkt werden, darüber sind sich die Vertreter aus Pharmaindustrie, Wirtschaft und Politik (ÖVP, SPÖ, Neos) einig.
Das nötige Know-how, die Technologien und Produktionsstätten seien bereits vorhanden, es fehle aber aktuell an planbaren und wettbewerbsfördernden Rahmenbedingungen. "Es ist nicht möglich, die Wirkstoffe hier zu produzieren, wenn wir mit den Preisen am Weltmarkt nicht konkurrieren können", betont Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbands. "Es müssen alle Fakten auf den Tisch gelegt und im Anschluss eruiert werden, was zu einer nachhaltigen Sicherheit der Patientenversorgung beiträgt", so Andiel.
Wie die Förderung von Produktionsstätten in Österreich im Detail funktionieren soll und ob die mahnenden Stimmen aus der Industrie bei den Entscheidungsträgern auf nationaler und europäischer Ebene Gehör finden, ist offen.
Katrin Gruber