Die Hilfe läuft nur langsam an. 72 Stunden sind seit dem Erdbeben in Marokko vergangen und mit jeder weiteren Stunde sinkt die Hoffnung, Überlebende unter den Trümmern zu bergen. 2862 Menschen sind ums Leben gekommen, 2562 sind verletzt. Laut UN-Kinderhilfswerk Unicef sind 100.000 Kinder von den Folgen des Bebens betroffen. Bisher hat Marokko nur Hilfe aus vier Ländern akzeptiert – Spanien, Großbritannien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch in Libyen ist die Lage ernst. Rettungskräfte gehen derzeit von mindestens 2300 Toten aus, 10.000 Menschen werden vermisst. Experten drängen zu schneller internationaler Hilfe. Aber wie genau sieht die aus?
Weil viele Menschen wegen der Naturkatastrophen obdachlos geworden sind, stellt sich die Frage nach einem Ausnahmevisum für Betroffene. Im Innenministerium wurde das Thema erstmals im Februar diskutiert – nach dem Erdbeben in der Türkei und Syrien. Othmar Karas, ÖVP-Europaabgeordneter, hat sich in einer ORF-Pressestunde für ein Ausnahmevisum für Erdbebenopfer ausgesprochen. Im Innenministerium erteilte man dem Vorschlag eine Absage, Österreich sei an die Schengenvorgaben gebunden. Betroffene können die Schengenvisa beantragen, damit können sich Staatsangehörige aus Drittländern bis zu 90 Tage im Land aufhalten. "Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums sind in einem individuellen Verfahren zu prüfen", hieß es.
"Ausnahmevisum ist nicht zulässig"
An dieser Entscheidung hält der Bund auch weiterhin fest. "Ein Ausnahmevisum ist nicht zulässig", heißt es auf Nachfrage beim Bund. Betroffene aus Marokko oder Libyen, die Verwandte in Österreich haben, dürfen zwar einreisen, aber nur unter Beantragung eines Schengenvisums. Dieses ist aber an bürokratische Voraussetzungen gebunden: Erfassung eines Fingerabdrucks, eine Visumsgebühr, ein ausgefüllter Antrag und eine anschließende Prüfung der zuständigen Vertretungsbehörde. Die Erleichterungen oder ein genereller Verzicht auf die Vorlage von Dokumenten zur Überprüfung der Einreisevoraussetzungen ist nicht zulässig, heißt es aus dem Büro des Innenministeriums.
Nach dem Erdbeben in der Türkei haben 510 Menschen im Februar 2023 ein Schengenvisum beantragt. 119.706 in Österreich lebende Menschen haben eine türkische Staatsbürgerschaft, rund 270.000 türkischen Migrationshintergrund. 1876 Menschen sind marokkanische Staatsbürger. 696 kommen gebürtig aus Libyen (Quelle: Statistik Austria, 2023).
Daniela Breščaković