Die Zeit der friedlichen Klimademos ist schon lange vorbei. Jetzt polarisiert der Aktivismus. Zum Schulstart blockierten 18 Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation" Straßen in Graz, Linz und Innsbruck. In der steirischen Landeshauptstadt klebten sich am Montagmorgen vier Klimaaktivisten auf die Fahrbahn in der Petersgasse fest, gleich neben der Privatschule Sacré Coeur. Zum Ärger der Eltern, Schüler und Autofahrer: "Das ist allen Erstklässlern gegenüber unfair, die heute ihren ersten Schultag haben", war zu hören. Ein Mann stieg aus seinem Wagen und beschimpfte Mitglieder der Gruppe, eine Frau zerrte einen Aktivisten von der Straße. Diese ließen sich davon nicht einschüchtern. Nach etwa einer Stunde wurde der Protest von der Polizei aufgelöst. Alle Teilnehmer wurden mehrfach angezeigt.

"Proteste haben funktioniert"

Seit dem Frühjahr 2022 kämpft die "Letzte Generation" mit Straßenblockaden gegen die Klimakrise. Aber wie lange soll das noch so weitergehen? Haben die Aktionen noch einen Sinn oder steckt die Klimabewegung in einer Sackgasse, weil sie nur Unmut erzeugt? Marina Hagen-Canaval, Sprecherin der "Letzten Generation Österreich", ist sicher: "Die Proteste haben funktioniert. Wir haben wieder viel Aufmerksamkeit auf das Klima lenken können."

Dass der Protest zum Schulstart stattgefunden hat, war kein Zufall. "Wir haben uns gefragt, ist eine Ausbildung für Kinder in Zukunft überhaupt noch etwas wert, wenn gleichzeitig Kinderrechte von der Regierung mit Füßen getreten werden?", sagt Hagen-Canaval. Hagen-Canaval zitiert aus Studien, die ein Ziel haben, möglichst viele Menschen zum Widerstand zu bewegen. Doch mit Straßensperren wenden sich viele in der Bevölkerung von der Klimagruppe ab.

Dilemma

Auch am politischen Parkett wird Kritik laut – sogar aus den jenen Reihen, die inhaltlich auf Wellenlänge sind. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) äußert immer wieder seinen Unmut über die "Letzte Generation". Es brauche selbst bei der Rettung der Welt die Einhaltung von demokratischen Regeln – "das ist das Dilemma dieses Aktionismus", sagte Kogler.

Strafen erhöhen

Konservative aus ÖVP und FPÖ fordern überhaupt strengere Strafen und teils Haft für die Aktivsten – wie es in Deutschland passiert. Ihre Protestform zu überdenken, hat die "Letzte Generation" nicht vor, "aber wir sind frustriert, dass die Regierung nichts unternimmt". Die Aktivisten sind sich dessen bewusst, dass ihre Art des Protests Ärger in der Gesellschaft auslöst, aber das gehöre zur Strategie. "Nur so wird daraus eine Debatte, die sowohl an Omas Küchentisch als auch am politischen Parkett diskutiert wird."

"Alles andere interessiert keinen"

Die Straßenblockaden werden weiterhin Mittel im Klimakampf bleiben, "alles andere interessiert keinen", sagt Hagen-Canaval und verweist auf Aktionen in und vor dem Parlamentsgebäude. Mehrere Teilnehmer sprangen dort in den Brunnen und wurden angezeigt – letztlich sei das aber kaum wahrgenommen worden. In den kommenden Tagen und Wochen plant die Klimagruppe weitere Protestaktionen in ganz Österreich: "Das war nur der Anfang."