Mit bedingten Haftstrafen im Ausmaß von drei bis zehn Monaten wegen Tierquälerei hat am Dienstag in Korneuburg ein Prozess gegen sechs Angeklagte um mutmaßlich illegale Schächtungen von fast 480 Schafen geendet. Einer der Beschuldigten, der als amtlicher Tierarzt fungiert hatte, wurde auch wegen Missbrauchs der Amtsgewalt verurteilt. Die Entscheidungen sind allesamt nicht rechtskräftig. Schauplatz der Handlungen soll im Juli 2021 ein Betrieb im Bezirk Korneuburg gewesen sein.
Angeklagt waren Männer im Alter von 23 bis 66 Jahren, unter ihnen der Geschäftsführer des auf Schafe und die Schlachtung nach muslimischem Ritual spezialisierten Betriebs. Der Tierarzt wurde in Rumänien geborgen, die übrigen Männer stammen aus der Türkei und aus Bulgarien. Die sechs Personen waren zu den Vorwürfen großteils geständig.
Mit zehn Monaten bedingt fasst der Veterinärmediziner die höchste Strafe des Sextetts aus. Für den Geschäftsführer und dessen Bruder setzte es acht Monate bedingt, für zwei weitere involvierte Personen sechs Monate bedingt. Der 66-jährige Sechstangeklagte - "das letzte Glied in der Kette" laut dem vorsitzenden Richter - erhielt drei Monate bedingter Haft. Während die Angeklagten auf Rechtsmittel verzichteten, gab die Staatsanwältin keine Erklärung ab.
Der Schöffenprozess drehte sich hauptsächlich um den 20. und 21. Juli 2021. In dem Schlachthof seien damals rund um das muslimische Kurbanfest Schächtungen von fast 480 Schafen erfolgt, ohne dass diese vorschriftsgemäß betäubt worden seien, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
"Überhaupt keine Betäubung"
Am 20. Juli 2021 wurden Schafe laut Anklagebehörde zunächst noch ordnungsgemäß nach dem Schächtschnitt mittels Bolzenschussapparat betäubt. Eine Bewilligung durch die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg lag vor. Ab etwa 9.00 Uhr sei dann nicht mehr nach Vorschrift gehandelt worden. Ab da sei bei etwa 370 Tieren "überhaupt keine Betäubung mehr vorgenommen" worden, sagte die Staatsanwältin. Tags darauf war in der Früh und am Nachmittag eine Amtstierärztin anwesend. In dem Zeitraum sei "alles ordnungsgemäß abgelaufen", dazwischen seien weitere 109 Schafe ohne Betäubung geschächtet worden. Als Begründung nannte der Geschäftsführer des Betriebes, dass ein solches Vorgehen bei den Schlachtungen ein eindringlicher Kundenwunsch gewesen sei.
Der amtliche Tierarzt ist entgegen seiner Pflicht nicht bei jedem Schächtschnitt anwesend gewesen und hat seine Kontrollfunktion daher nicht ausreichend ausgeübt. "Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir wirklich leid", erklärte der 63-Jährige. Geld habe er im Gegenzug für das Wegschauen nicht erhalten.
Der Schlachthof wurde 2021 nach Bekanntwerden der Vorfälle für rund drei Monate geschlossen. Laut der Anwältin, Vertreterin der Zweit- bis Sechstangeklagten, hat es seither keine derartigen Vorkommnisse mehr in dem Betrieb gegeben.
VGT deckte auf
Im Rahmen der Urteilsbegründung sagte der vorsitzende Richter, er habe den Eindruck, dass die Beschuldigten zumindest teilweise unter echter Reue zugestanden hätten, "dass das eine Riesensauerei ist": "Das kann so nicht sein, dass man im 21. Jahrhundert so mit Tieren umgeht." Eine Diversion wäre in generalpräventiver Hinsicht "nach außen mit völlig verkehrter Wirkung" aufgenommen worden. Berücksichtigt worden sei bei der Strafbemessung auch der bisher ordentliche Lebenswandel aller sechs Angeklagten.
Gegen den Betrieb selbst wurde eine bedingte Verbandsgeldbuße von 1.000 Euro (20 Tagessätze zu 50 Euro) verhängt. Diese habe ohnehin eher symbolischen Charakter, da derzeit "nichts abzuschöpfen" sei, sagte der vorsitzende Richter.
Aufs Tapet gebracht wurden die Vorwürfe im September 2021 durch den Verein gegen Tierfabriken (VGT) und von RespekTiere. Es gibt Videomaterial, auf dem u. a. strampelnde und zappelnde Schafe auf dem Boden liegen. Vor dem Prozessbeginn am Dienstag demonstrierten mehrere Aktivisten vor dem Korneuburger Gerichtsgebäude. Moniert wurde mit einem Transparent ein "Totalversagen der Kontrollen".