Wilderer in Österreich werden kaum erwischt. Trotz der vielen illegalen Tötungen gibt es kaum strafrechtliche Konsequenzen. "Bis dato sind uns nur 13 Verurteilungen im Zusammenhang mit Wildtierkriminalität bekannt", sagte WWF-Artenschutzexpertin Christina Wolf-Petre. Mehr als 200 Wildvögel und 16 streng geschützte Säugetiere, darunter Wolf, Luchs, Biber und Fischotter, wurden in den Jahren 2016 bis 2022 illegal verfolgt, zeigte ein Report von WWF und Birdlife Österreich.
Die Tierschutzorganisationen forderten deshalb eine strengere Ahndung von Wildtierkriminalität, um Täterinnen und Täter stärker abzuschrecken. "Die illegale Verfolgung ist ein großes Problem für den heimischen Artenschutz – und kann gerade die Bestände seltener Arten bedrohen", warnten neben Wolf-Petre auch Matthias Schmidt, Greifvogelexperte von Birdlife Österreich. Sie gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Opfer gar nicht entdeckt werden – auch deshalb, weil die Kriminellen die getöteten Tiere meist verschwinden lassen. Das zeigt etwa der vergangenen Woche in der Donau bei Tulln gefundene, erschossene Wolf.
Vor allem Greifvögel getötet
Im Berichtszeitraum haben die Naturschutzorganisationen 203 tote oder verletzte Wildvögel aus 36 Arten als Opfer von Wildtierkriminalität festgestellt. Darunter sind vor allem Greifvögel, wobei im Verhältnis zu ihren kleinen Beständen am häufigsten Rotmilane, Seeadler und Kaiseradler tot aufgefunden wurden. "Bei den besenderten See- und Kaiseradlern waren illegale Tötungen sogar die häufigste Todesursache", sagte Schmidt. Von den gut 350 Meldungen mit Verdacht auf illegale Verfolgung bei Wildvögeln erhärteten sich mehr als 150 Fälle – wobei ein Fall mehrere Opfer betreffen kann. "Mit 45 Prozent machten Abschüsse den größten Anteil aus, gefolgt von Vergiftungen mit rund 25 Prozent", sagte Schmidt. Etwa ein Fünftel der registrierten Tathandlungen erfolgte mittels Fallenfang und bei jedem zehnten Fall kamen sogar mehrere Verfolgungsmethoden kombiniert zum Einsatz.
Ein geschossener und enthaupteter Wolf, ein getöteter Luchs, der zur Tarnung auf die Zuggleise geworfen wird, tote Biber mit Schussverletzungen oder mit Fischködern bestückte Tellereisen in einer Fischzucht: "Bei den Säugetieren haben wir in absoluten Zahlen weniger Opfer dokumentiert als bei den Vögeln", erklärte Wolf-Petre. "Doch gerade bei seltenen Arten wie dem Luchs ist der Verlust jedes einzelnen Tieres ein schmerzlicher Rückschlag und kann das Überleben der Art gefährden." Darüber hinaus ist die Datenlage bei geschützten Säugetieren derzeit noch dünner als bei Greifvögeln. Verstärkte Maßnahmen zur Sensibilisierung waren jedoch bereits erfolgreich – in den vergangenen beiden Jahren wurde ein Anstieg der Meldungen verzeichnet.
Besseres Kontrollsystem gefordert
Am Mittwoch reagierte auch Astrid Rössler, Umweltsprecherin der Grünen, auf den WWF-Bericht. "Bei Wilderei wird offenbar nicht hingeschaut. Es kann nicht sein, dass streng geschützte Tiere reihenweise 'verschwinden'", so Rössler in einer Aussendung. "Beobachtungen und Funde von Spaziergängern liefern oft die wichtigsten Hinweise, um Ermittlungen aufnehmen zu können. Erst kürzlich konnte dadurch der Abschuss einer ganzen Eulenfamilie in Oberösterreich aufgeklärt werden." Angesichts der niedrigen Aufklärungsrate brauche es ein besseres Kontrollsystem von besonders geschützten Tierbeständen durch mehr Präsenz von Naturschutzorganen und Aufsichtsjägern, hieß es.
Der "Verein gegen Tierfabriken (VGT)" verwies am Mittwoch auf das Volksbegehren für ein Bundesjagdgesetz. Darin wird unter anderem eine Sanktionierung der Pächterinnen und Pächter (beispielsweise ein Entzug der Jagdausübungsberechtigung) bei schweren Fällen von Wildtierkriminalität, die Möglichkeit zur Untersuchung von Kadavern von nicht jagdbaren oder ganzjährig geschonten Arten sowie die Verpflichtung für Präparatoren, gefährdete Arten nicht ohne behördliche Bestätigung gefordert. Wilderei sei "kein Kavaliersdelikt. Eine Bewusstseinsschärfung wird durch eine wirksame Verfolgung von Straftaten erreicht", hieß es vom VGT gegenüber der APA.