Seit Frühjahr 2021 steht der international vernetzte und überregional auftretende „Outlaw Motorcycle Club Bandidos“ im Fokus der österreichischen Ermittlungsbehörden. Am Montag dieser Woche ist es zu 13 Hausdurchsuchungen in Oberösterreich und Niederösterreich gekommen, die zu sechs Festnahmen führten.
Die Ermittlungsbehörden fanden ein Arsenal an Waffen, unter anderem bestehend aus Langwaffen, Maschinengewehren, Signalwaffen und 1000 Waffenteilen. Der Wert der Waffen belaufe sich auf 1,5 Millionen Euro.
Laut Franz Ruf, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, wurden die Waffen in einer professionell eingerichteten Waffenwerkstätte inklusive Verkaufsraum gefunden, aber auch in Kellern, Bauernhöfen, oder einem Rotlichtlokal. Darüber hinaus wurden Drogen, 600.000 Euro Bargeld und 268 elektronische Datenträger sichergestellt, darüber hinaus noch 500 NS-Devotionalien, wie Medaillen, Fahnen und Literatur.
Zunehmende Militarisierung der Rechtsextremen
Das Phänomen Rockerkriminalität sei seit 20 Jahren Schwerpunkt des Bundeskriminalamtes, sagt Andreas Holzer, Direktor ebendort. Dabei komme es zu Überschneidungen zwischen organisierter Kriminalität, Terrorismus und Rechtsextremismus. Laut Holzer habe sich schnell herausgestellt, dass Teile dieser Bande bewaffnet, in Drogen- und Waffenhandel verstrickt und durch Gewalttaten auffällig geworden sind.
Auch Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, weist darauf hin, dass das Risiko rechtsextremer motivierter Tathandlungen nach wie vor hoch sei. Die Behörden beobachten eine zunehmende Militarisierung der rechtsextremen Szene. Allein 2022 gab es 660 Ermittlungsmaßnahmen im Rechtsextremismus, mehr als 100 Hausdurchsuchungen und 37 Festnahmen.
Die Szene der kriminellen Rocker
Über die Szene selbst sagt Haijawi-Pircher, dass sie heterogen sei und es immer wieder Überschneidungen zur organisierten Kriminalität gäbe. Es handle sich dabei um mehrere Gruppierungen mit unterschiedlichen Ideologieschwerpunkten, die untereinander auch oft in Konkurrenz stehen.
Durch die Pandemie sei ein starkes Mobilisierungspotential in der rechtsextremen Szene bemerkbar gewesen. Es gäbe Überschneidungen mit Corona-Maßnahmengegnern, mit Staatsfeindlichen Verbindungen und Verschwörungserzählern. Feststellbar sei auch ein Professionalisierungsschub und der Aufbau internationaler Vernetzungen in der rechtsextremen Szene.
„Die Festigung und Erweiterung der Themen, wie die Migration, Inflation, die Neutralität oder auch Genderpolitik, um die Stimmung in der Bevölkerung zu erzeugen und Rekrutierungspotential zu bekommen, wird von uns wahrgenommen“, sagt Haijawi-Pirchner.
Verbindungen zu rechtsextremem Netzwerk „Objekt 21“
Rechtsextremistische Tathandlungen fanden 2023 vor allem im Internet statt. Tatbestände wie nationalsozialistische Propaganda, die Verherrlichung des Nationalsozialismus oder Verhetzung gegen Migranten, nehme man verstärkt wahr. Es handle sich um Delikte nach dem Strafgesetzbuch, Verbotsgesetz, Kriegsmaterialgesetz, Waffengesetz und Suchtmittelgesetz.
Die am Montag umgesetzte Aktion zeige, dass die rechtsextreme Kriminalität nicht nur im Internet bleibe. Viele Mitglieder und Anhänger von Motorrad-Clubs, wie den MC Bandidos, weisen eine langjährige Verbindung zu dem rechtsextremen Netzwerk „Objekt 21“ auf, das 2013 durch Festnahmen zerschlagen wurde. Nach wie vor werde aber versucht, das Netzwerk aufrechtzuerhalten.
„Die Waffenfunde in Kombination mit Rechtsextremismus ergeben ein hochgefährliches Zusammenspiel für die Sicherheit der Republik Österreich“, sagt Haijawi-Pirchner. Ruf betonte, dass die Einnahmen der organisierten Kriminalität einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der gesamten EU entsprechen. Das sind rund 39 Milliarden Euro.
Plädoyer für Befugnisse, um Messenger Dienste zu überwachen
Alois Ebner, Leiter der Staatsanwaltschaft Ried, war ebenfalls in die Ermittlungen involviert, weil sich Wohnsitze der Verdächtigen in seinem Sprengel befinden. Alle sechs Personen schwiegen zu den Vorwürfen, sind österreichische Staatsbürger und sind zwischen 35 und 50 Jahre alt, teilte er mit. Ebner möchte so schnell wie möglich Anklage erheben. Der Strafrahmen erstrecke sich von ein bis 15 Jahren Freiheitsstrafe.
Die Täter dieser rechtsextremen Netzwerke würden vor allem „sehr konspirativ“ vorgehen und selten offen kommunizieren. „Österreich darf kein Hoffnungsland für Neonazis oder organisierte bewaffnete Bandenkriminalität sein“, betonte Ruf. Deshalb brauche es auch mehr Befugnisse, um die verschlüsselte Kommunikation bei Messenger-Diensten zu überwachen.
Da die Ermittlungen zwar erfolgreich, aber sehr schwierig waren, spricht sich auch BKA-Direktor Holzer dafür aus, Strafverfolgungsbehörden mit den entsprechenden Werkzeugen auszustatten. Eine enge Kooperation der Sicherheitsbehörden und der Justiz sei bei solchen Ermittlungen wesentlich. „Die DSN und der Verfassungsschutz sind gerannt für die Bekämpfung des Rechtsextremismus“, so Haijawi-Pirchner.
Sandra Czadul