Das Thema Wolf emotionalisiert. Die Fronten der Pro-Wolf- und Anti-Wolf-Lager sind verhärtet, der Ton ist oft ein rauer. Und manchmal sind die Blüten, die die Thematik treibt, seltsam. So flatterte vor wenigen Wochen eine saftige "Rechnung" in das Haus von Martin Balluch, Obmann des Tierschutzvereins "Verein gegen Tierfabriken" (VGT). 63.852 Euro sollte Balluch berappen, und zwar für die Errichtung eines Herdenschutzzaunes in Tirol.
Ausgestellt wurde die Rechnung von Peter Aschaber, seines Zeichens Schwarznasenschafbauer in Westendorf im Brixental und überzeugter Wolfsgegner. Aus Angst vor dem Raubtier habe er seine Schafe im Vorjahr nicht wie immer auf seine Alm im Außerfern getrieben, woraufhin mehrere Tiere an der Hitze im Tal sowie an einem Parasiten gestorben seien. Heuer verbringen seine 14 Schafe im Salzburger Habachtal ihre Sommerfrische. Aschaber störte sich an einer Aussage Balluchs in einem TV-Interview, in dem dieser davon sprach, die Bauern seien selbst für den Schutz der Schafe zuständig, zumal sie ja auch von den Nutztieren profitieren. Das nahm der Bauer zum Anlass, dem VGT-Obmann die Umzäunung seiner 1,3 Hektar großen Weidefläche für seine 14 Tieren in Rechnung zu stellen. Fein säuberlich listete er jeden Posten auf, vom Maschendraht bis zu den Stehern, Toren und Litzen. "Wer diese Maßnahmen will, muss auch dafür bezahlen", argumentiert Aschaber in seiner Rechnung, die mit Zahlungsfrist 15. Juli 2023 versehen ist.
Tierschützer stellt ebenfalls eine Rechnung
Der oft aneckende Tierschützer Balluch hat bereits eine Menge Gerichtserfahrung, eine solche Rechnung sei in 35 Jahren Tierschutz jedoch ein Novum, sagt er gegenüber der Kleinen Zeitung. Und der NGO-Obmann spielte den Ball zurück, schrieb ebenfalls eine Rechnung (wenngleich an das falsche Bundesland adressiert): Durch die Hetze Aschabers würden Wölfe in Kärnten abgeschossen und könnten sich dadurch nicht in der Obersteiermark ausbreiten, schrieb er. Das führe zu einer "viel zu hohen Rehwildpopulation" und hätte zur Folge, dass die von Balluch gepflanzten Jungbäume, die CO₂ binden und somit den Klimawandel verlangsamen, von den Rehen angeknabbert werden.
Daher stellte Balluch wiederum der Familie Aschaber eine Rechnung für die Erstellung eines Rehschutzzaunes, den er tatsächlich aufgestellt hat: Zehn Rollen a 79,90 Euro plus zehn Stunden Arbeit a zehn Euro – in Summe 899 Euro. Auf Nachfrage geht es keiner der Parteien darum, am Ende des Tages Geld zu sehen, sondern die eigene Position zu stärken. Aschaber habe auch nicht vor, tatsächlich einen Zaun zu errichten. Indes bekam Balluch abermals Post: Die erste Mahnung flatterte ins Haus.