Im Fall eines Zwölfjährigen, der von seiner Mutter im Waldviertel in eine Hundebox gesperrt und gequält worden sein soll, wird nun eine unabhängige Expertengruppe eingesetzt. Diese Maßnahme soll "höchstmögliche Transparenz schaffen", sagte Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) am Montag im APA-Gespräch. Die genaue Ausgestaltung der Gruppe werde in den kommenden Tagen noch abgeklärt. Indes bestätigte die Polizei, dass auch gegen einen Beamten ermittelt wird.

In der Causa habe man bereits eine Prüfung der durchgängig dokumentierten internen Prozesse durchgeführt, betonte Königsberger-Ludwig. Diese brachten demnach zum Ausdruck, dass die Vorgehensweise gesetzeskonform gewesen sei. Um aber allen Spekulationen, die im Raum stehen, entgegenzuwirken, habe sich die Landesrätin am Montagvormittag entschlossen, eine unabhängige Expertengruppe einzusetzen. Speziell und nochmals unter die Lupe genommen werden soll der angesprochene Prozessverlauf. Die Besetzung der unabhängigen Expertengruppe blieb offen. Dabei sein werden aber jedenfalls Personen aus dem Bereich des Kinderschutzes.

Landesrätin will Re-Traumatisierung vermeiden

Bisher hatte sich die Kinder- und Jugendhilfe, für die Königsberger-Ludwig politisch verantwortlich zeichnet, zu dem Fall mit Verweis auf das laufende strafrechtliche Verfahren und den Datenschutz bedeckt gehalten. In erster Linie habe man das Kindeswohl und den Kinderschutz zu gewährleisten, betonte die Landesrätin: "Und nicht irgendwelche Spekulationen mit zu befeuern." Die Persönlichkeitsrechte müssten gewahrt werden, nicht zuletzt auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Weitere Details, die "in irgendeiner Weise auf das Kind oder die Familie Rückschlüsse" ermöglichen, könnten deshalb weiterhin nicht genannt werden. Wichtig sei, "dass alles, was wir sagen, nicht zu einer Re-Traumatisierung des Kindes führt".

Für Königsberger-Ludwig ist es in diesem Zusammenhang "sehr bedauerlich, dass mit jeder Pressemeldung das Wohl des Kindes aufs Neue gefährdet" werde. Der Betroffene sei kein Kleinkind, das über Medienberichte nicht informiert werde. Auch Kinder hätten Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre.

Geschlagen, gefesselt, geknebelt

"Wir verstehen natürlich das mediale Interesse an diesem schrecklichen Fall, das ist nachvollziehbar", ergänzte Kimon Poulios, der Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes Niederösterreich. "Aber wir bitten trotzdem inständig darum, dass nicht ständig alle Details von den Martyrien des Kindes wiederholt werden." Die Verhinderung der Re-Traumatisierung sei für die Behörde der wesentliche Maßstab, eine solche Re-Traumatisierung entstehe "jedes Mal, wenn das Kind sowas wieder lesen oder mithören muss".

Die beschuldigte Mutter soll ihren Sohn von Anfang September bis November 2022 u.a. geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben. Der Bub hatte am 23. November 2022 nur mehr eine Körpertemperatur von 26,8 Grad und war im Koma. Eine Sozialarbeiterin soll die Rettung gerufen haben. Das Kind wurde in einem akut lebensbedrohlichen Zustand ins Krankenhaus gebracht. Sein Gesundheitszustand hat sich laut Polizei inzwischen verbessert.

Die Mutter sitzt seit Herbst 2022 in Krems in U-Haft. Gegen die Frau wird wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen und Freiheitsentziehung ermittelt. Anfang März wurde eine 40-Jährige mutmaßliche Beitragstäterin aus dem Umfeld der Mutter festgenommen. Laut "Kronen Zeitung" soll sie der 32-Jährigen via Chat Anweisungen zum Quälen des Kindes gegeben und im Gegenzug Fotos und Videos erhalten haben. Die zweite Beschuldigte befindet sich ebenfalls in Untersuchungshaft.

Auch gegen Polizisten wird vermittelt

Ermittelt wird auch gegen einen Polizisten, wie die Exekutive am Montag auf Anfrage bestätigte. Dies sei aber nicht im Zusammenhang mit dem Quälen des Kindes der Fall. Hingewiesen wurde auch darauf, dass der Beamte seinen Dienst nicht im Bundesland versehe. Laut "Krone" ist der Beschuldigte der Ex-Partner der 40-Jährigen. Er soll die Frau bei der Verschleierung ihrer Taten unterstützt und ihr erklärt haben, wie Chats und Aufnahmen gelöscht werden können, berichtete die Tageszeitung. Ein Teil der Nachrichten, Fotos und Videos konnte demnach wiederhergestellt werden.

Zuletzt hatten sich Medienberichte über frühzeitige Meldungen des Falles an Behörden gemehrt. Anna Schwitzer, Leiterin des Kinderschutzzentrums Wien, skizzierte im Ö1-"Mittagsjournal", dass bei konkretem Verdacht eine Gefährdungsmeldung bei der Kinder- und Jugendhilfe erfolgen müsse. Diese habe dann im Vier-Augen-Prinzip eine sogenannte Gefährdungsabklärung vorzunehmen. Sei Gefahr im Verzug, werde das Kind umgehend aus der Familie genommen und in ein Krisenzentrum oder eine entsprechende andere Einrichtung gebracht. Herangezogen werden müsse aber das "gelindeste Mittel", wurde betont.