Der Bund nimmt weitere 19 Mio. Euro zur Versorgung von psychisch belasteten bzw. erkrankten Kindern und Jugendlichen in die Hand. Sie fließen in das vom Gesundheitsministerium geförderte Projekt "Gesund aus der Krise", das seit April 2022 für diese Zielgruppe über 8.000 Plätze für die psychotherapeutische bzw. psychologische Beratung und Behandlung geschaffen hat. Mit den zusätzlichen Mitteln können weitere 10.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unterstützt werden.
"Bei 'Gesund aus der Krise' handelt sich um ein Vorzeigeprojekt, das weit über die Grenzen Österreichs hinaus Anerkennung gefunden hat", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Umgesetzt wird "Gesund aus der Krise" vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) in Kooperation mit dem Österreichischen Berufsverband für Psychotherapie (ÖBVP). Bewährt habe sich das Projekt vor allem zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie, die Kinder und Jugendliche als "massiven Einschnitt" erlebt hätten, wie Rauch erläuterte. "All das hat Spuren hinterlassen", verwies der Minister auf jüngste Studienergebnisse, denen zufolge Lockdowns und Home Schooling für junge Menschen eine beträchtliche psychische Herausforderung waren.
Unbürokratisch und kostenlos
Für Betroffene, die zur Bewältigung ihrer Situation auf die Unterstützung von ausgewiesenen Expertinnen und Experten angewiesen sind, sei "Gesund aus der Krise" deshalb besonders vielversprechend, weil man rasch, unbürokratisch, wirksam und vor allem kostenlos Hilfe bekomme. "Es muss möglich sein, das mit der Ecard bezahlen zu können und nicht mit der Kreditkarte", sagte Rauch. Die zusätzlichen Millionen für psychisch belastete und erkrankte Kinder und Jugendliche sei "vergleichsweise ein kleiner Betrag, wenn man weiß, was die Nichtbehandlung auf Dauer kostet". Insofern sei nicht von Kosten, sondern von Investitionen in die Zukunft der Jugend zu sprechen, betonte Rauch.
Wie BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger darlegte, konnten bisher über "Gesund aus der Krise" 5.700 Therapien abgeschlossen werden, weitere 2.700 sind fast beendet. Im Schnitt hätten bedürftige Kinder und Jugendliche innerhalb von elf Tagen wohnortnahe einen Betreuungs- bzw. Behandlungsplatz bekommen, wobei die ersten 15 Einheiten kostenlos sind. Die Ansprechpartner der betreuten Personen vom Kleinkindalter bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs seien ausgewiesene Expertinnen und Experten, die Behandlung finde also qualitätsgesichert statt, betonte Wimmer-Puchinger: "Nur 1,5 Prozent der Behandlungen wurden abgebrochen." Ein Drittel der betreuten Kinder und Jugendlichen waren zehn bis 15 Jahre alt, 45 Prozent im Alter zwischen 16 bis 21. 72 Prozent waren Mädchen.
"Regelbetrieb ist überfordert"
Grundsätzlich sei die medizinische Versorgung psychisch Erkrankter "besorgniserregend", merkte ÖBVP-Präsidentin Barbara Haid an: "Der Regelbetrieb ist überfordert." Um so wichtiger sei "Gesund aus der Krise", das bis Juni 2024 10.000 neue Plätze für betroffene Kinder und Jugendliche gewährleiste. Mit den zusätzlichen Fördermitteln können die bisher eingebundenen 875 Behandlerinnen und Behandler - der Pool deckt derzeit 17 Sprachen ab - auf 1.500 aufgestockt werden. "Natürlich wissen wir, dass Gesundheit Geld kostet. Aber Krankheit kostet das Leben", hielt Haid fest.
"Es muss ein Recht für jedes Kind und für jede jugendliche Person auf einen Psychotherapieplatz oder eine psychologische Behandlung geben, egal wo man wohnt und wie viel Geld die Eltern haben", sagte die Geschäftsführerin des bundesweiten Netzwerks Offene Jugendarbeit (bOJA), Daniela Kern-Stoibl. "Gesund aus der Krise" habe sich vor allem auch deshalb bewährt, weil damit auch der ländliche Raum abgedeckt werden konnte, wo Therapeutinnen und Therapeuten rar gesät sind. Kern-Stoibl berichtete in diesem Zusammenhang von einem stark belasteten Mädchen "in einem entlegenen Tiroler Tal", dem innerhalb von zweieinhalb Wochen eine Psychologin vermittelt werden konnte, das die Betroffene per Bus erreichen konnte. "Gerade in einer Krise wirkt so etwas nachhaltig", meinte die bOJA-Geschäftsführerin.