Viele offene Fragen gibt es zu dem schweren Fall von Kindesmissbrauch in Niederösterreich. Die Mutter des Zwölfjährigen dürfte mit dem Vater um die Obsorge gestritten haben. Dieser soll die Behörden alarmiert haben. Eine Sozialarbeiterin sorgte letzten November gerade noch rechtzeitig dafür, dass das stark unterkühlte und halb verhungerte Kind ins Spital kam.
"Das ist eine furchtbare Situation", sagt Helmut Sixt. Er arbeitet seit Jahren bei der Kinder- und Jugendhilfe in Graz und betont: Jeder kann sich an das Amt wenden, wenn er Sorge um ein Kind hat. Institutionen wie Schulen haben die Pflicht, der Kinder- und Jugendhilfe zu melden, wenn Verdacht auf körperliche oder psychische Gewalt oder sexuellen Missbrauch besteht. "Wir leiten dann eine Gefährdungsabklärung ein, werden sofort tätig", sagt Sixt.
Spätestens nach drei Monaten muss die Abklärung abgeschlossen sein. Ein Hausbesuch ist vorgesehen. "Wenn es etwa um eine verwahrloste Wohnung geht, schauen wir gleich hin." Die Situation wird mit der Familie bewertet, es komme selten vor, dass das nicht geht: "Wenn Gefahr im Verzug ist, können zwei Sozialarbeiter im Vier-Augen-Prinzip akut handeln und das Kind außerhalb in Sicherheit bringen." Das Kindeswohl stehe an erster Stelle.
Behörden zurückhaltend
Der aktuelle Fall kam auf, weil der Oberste Gerichtshof die Grundrechtsbeschwerde gegen die Untersuchungshaft der 32-Jährigen abgewiesen hat. Seitdem schweigen die Behörden weitgehend, von der Bildungsdirektion über die Bezirkshauptmannschaft bis zum Land Niederösterreich. Man beruft sich auf laufende Ermittlungen – unter anderem wegen versuchten Mordes – und Opferschutz. Dem Bub soll es möglich sein, die Traumatisierung in Ruhe aufzuarbeiten.
Ob ein Versäumnis der Behörden vorliegt, wird laut Justizministerium geprüft. Die Frage nach Konsequenzen, die man aus dem Fall zieht, ließ das Land unbeantwortet.
Immerhin: Der Bub hat sich laut Polizei zumindest körperlich erholt.