Frau F. hat kein Problem, über ihr Kopftuch zu sprechen. Warum sie es trägt und wie freiwillig ihre Entscheidung war, wird sie häufig gefragt. Für sie ist das keine Diskriminierung, bis sie vor fünf Jahren zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. "Das ganze Bewerbungsverfahren hat sich nur noch um mein Kopftuch gedreht. Irgendwann habe ich gefragt, ob wir über meine Qualifikationen reden können?", sagt die heute 23-Jährige, die 2021 vor Gericht ging und jetzt 2000 Euro Schadenersatz zugesprochen bekam.

Ende 2018 hatte sich Frau F. bei einem Verein in Wien für einen Ausbildungsplatz als Kindergruppenbetreuerin beworben. Sie schickte ihre Bewerbungsunterlagen, den Lebenslauf. Auf dem Foto trug sie ein Kopftuch. Schnell kam die mündliche Zusage und die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch.

Die damals 19-Jährige hatte bereits ein Jahr als Betreuungsassistentin gearbeitet, war bei Ausflügen mit den Kindern dabei, hat erste Erfahrungen gesammelt. Doch darüber dreht sich das Bewerbungsgespräch kaum. Stattdessen wird sie gefragt, ob sie ihr Kopftuch nach hinten binden kann oder anstelle eines Kopftuches eine Haube aufsetzen will. Das lehnt Frau F. ab. Wenige Minuten nach dem Gespräch erhält sie eine E-Mail mit der Absage für den Ausbildungsplatz. Der Verein war am Dienstag für eine Stellungnahme telefonisch nicht zu erreichen.

Muslimas am häufigsten von Diskriminierung betroffen

Die Geschichte von F. ist kein Einzelfall. Ganz im Gegenteil, wie Theresa Hammer vom Klagsverband berichtet. Sie vertrat F. vor Gericht: "Muslimische Frauen sind die am häufigsten von Diskriminierung betroffene Gruppe am Arbeitsmarkt. Und das fängt schon beim Bewerbungsverfahren an." Die meisten Betroffenen kommen aus dem Handel und Reinigungsbereich, heißt es von der Arbeiterkammer. Dass trotzdem immer mehr muslimische Frauen mit Kopftuch in diesen Bereichen tätig sind, habe aber "weniger mit Toleranz, sondern mehr mit Fachkräftemangel zu tun", sagt AK-Expertin Bernadette Pöcheim von der Abteilung Frauen und Gleichstellung.

Laut der Gleichbehandlungsanwaltschaft für Steiermark und Kärnten stammen 90 Prozent der Anfragen wegen religiöser Diskriminierung von Frauen. In den meisten Fällen geht es um das Tragen des Kopftuches. Um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, eröffnet am 31. Mai die Ausstellung "Jetzt im Recht! Wege zur Gleichbehandlung" im Grazer Volkskundemuseum. Frau. F. hat ihren Wunsch, als Kindergruppenbetreuerin zu arbeiten, derweil aufgegeben. Stattdessen hat sie eine Ausbildung zur Kosmetikerin und Fußpflegerin absolviert.

Verhandlung vertagt, Prozess geht im Oktober weiter

Auch Zeliha Çiçek wurde diskriminiert (wir berichteten). Sie hat ihr Kopftuch jedoch abgelegt, woraufhin sie von der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) verstoßen und aus dem Beruf gedrängt worden war. 2021 zog auch sie vor Gericht. Sie beschloss, die IGGÖ auf Diskriminierung und Verdienstentgang auf insgesamt 60.000 Euro zu klagen.

Am Mittwoch ging der Prozess weiter. Die mittlerweile fünfte Verhandlung war für vier Stunden anberaumt. Erstmals waren auch Vertreter der IGGÖ als Zeugen im Gerichtssaal, darunter der Fachinspektor und der IGGÖ-Präsident Ümit Vural, der nichts von den Vorfällen mitbekommen haben soll. Das Gericht ist zu keinem Urteil gekommen. Der Prozess geht am 10. Oktober in die letzte Verhandlungsrunde. "Wir kämpfen weiter für ihr Recht", sagt Çiçeks Anwalt am Mittwoch gegenüber der Kleinen Zeitung.