Renée (24), "Veyla", Twitch-Streamerin und Content Creator 

Veyla spielt Games wie "Call Of Duty", "Valorant" oder "League of Legends", die Frauen sonst eher meiden. Vor vier Jahren fing sie an zu streamen, da war sie Anfang zwanzig. Heute hat sie über 90.000 Follower auf Twitch und macht Content für TikTok, Instagram und YouTube. "Wir Frauen werden zwar immer belächelt, haben aber eigentlich ziemlich was auf dem Kasten. Das wollte ich nach außen bringen und streamen, weil mir das Spaß macht", erzählt sie. An den Shootern begeistern sie die die Skills, die man damit trainiert. "Auf dem Spiel steht ja nicht drauf: Ist gemacht für Männer", findet sie.

Angefangen hat alles als Teenager mit dem Zombie-Modus von "Call of Duty". Mit Ferialjob-Gehältern kaufte sie sich dann ihr erstes Equipment - vermeintlich untypisch als Frau: "Ich glaube, es gibt viele Frauen, die sich nicht raustrauen und streamen - die bewusst im Hintergrund bleiben." Einfach sei es jedenfalls nicht: "Ich kriege Kommentare wie: Als Frau gehörst du doch in die Küche." Mittlerweile geht sie damit aber souverän um: "Dann denke ich mir: Das ist halt irgendeine x-beliebige Person im Internet, die sich einen Spaß erlaubt hat". Dieses Selbstvertrauen musste sie sich erst erarbeiten, sagt sie. Ihr helfe aber, dass die Frauen auf Twitch zusammenhalten und sich bei solchen Angriffen gegenseitig supporten würden.

Wenn Veyla bei Turnieren mitspielt, werde ihr Spiel oft schlechter bewertet, als das ihrer männlichen Kollegen - auch wenn sie gute Platzierungspunkte schafft. "Sie nehmen mich nicht ernst und fragen, warum ich überhaupt mitmache". Auch wenn sie gemeinsam mit Männern streame, fallen ihr Unterschiede auf: "Wenn ich ausraste oder mich aufrege, schreiben Männer in meinem Chat: Was ist denn das für eine Zicke?! Bei meinem Kollegen hingegen finden sie es lustig und schicken Lach-Emojis."

Beim Streamen trug Renée lange bewusst nur Oversize-Kleidung: "Ich wollte nicht sexualisiert oder für mein Geschlecht oder Aussehen verurteilt werden." Mittlerweile macht sie sich darüber weniger Gedanken, denn auch ein Top mit Ausschnitt könne die Sexualisierung nicht verhindern. "Auch Frauen, die in einem Pullover streamen, werden sexualisiert. Wenn sie wollen, dann finden sie immer einen Weg dazu", meint sie. Als Beispiel erwähnt sie Fotos, die mittels KI auf andere Körper editiert werden.

Generell fordert sie einen respektvolleren Umgang miteinander: "Ich wünsche ich mir, dass jeder mal kurz überlegt, bevor er ein dummes, abwertendes Kommentar schreibt." Öfter solle man sich man sich stattdessen fragen, ob er bei einem Mann das gleiche schreiben würde.

Laura Peter (30), "Triilauratops", Moderatorin und Content Creator

Laura sagt: "Ich würde mir wünschen, dass das Geschlecht nicht mehr so eine große Rolle spielt."
Laura sagt: "Ich würde mir wünschen, dass das Geschlecht nicht mehr so eine große Rolle spielt." © Florian Wieser

Für Laura Peter sind Gaming-Events sehr emotional. "Da kriege ich Gänsehaut, ich spüre den Wettbewerb", sagt sie und grinst. Laura kam 2017 zur E-Sport-Szene. Sie wurde bei einer Veranstaltung angesprochen und hatte ihren Auftakt als Moderatorin bei der GameCity 2018.

Persönlich machte sie in der Gaming-Szene keine negativen Erfahrungen. "Ich bin mit offenen Armen in der E-Sport-Szene aufgenommen worden". Als Frau habe sie sich nie diskriminiert gefühlt. Sie weiß aber, dass es bei Wettkämpfen mitunter frauenfeindlich zugeht.

Laura engagiert sich auch in der Nachwuchsförderung im Bereich E-Sports. Zusammen mit der Donau-Uni Krems hat sie 2019 eine E-Sport-Schulliga mit Fokus auf Mädchenförderung veranstaltet. "Wir haben an verschiedensten Neuen Mittelschulen in Wien Playoffs veranstaltet". Gespielt wurden "Rocket League", "FIFA" und "Overcooked 2". Von einigen Mädchen habe sie dann aber das Feedback bekommen, dass die Eltern nicht begeistert waren. "Manche Eltern sagen: Mädchen dürfen nicht Computerspielen. Sie sollen lieber etwas Mädchenhaftes machen".

Sie wünscht sich, dass sich das verändert: "Ich würde mir wünschen, dass das Geschlecht nicht mehr so eine große Rolle spielt", stattdessen solle vielmehr die Persönlichkeit entscheiden.

Katarina (30), ehemals "FIFA-Kati", Twitch-Streamerin und Content Creator

Katarina sagt: "Mehr Frauen sollten den Mut haben, öffenlich zu streamen."
Katarina sagt: "Mehr Frauen sollten den Mut haben, öffenlich zu streamen." © privat

"Viele denken, Gaming ist eine Männerdomäne. Gerade im Fußball ist das besonders kritisch", meint Katarina. Sie war die erste FIFA-Streamerin bei FC Red Bull Salzburg. Von ihren männlichen Zuschauern wurde sie oft dafür kritisiert, dass sie gerade Fußball streamte. Kommentare wie "Du gehörst nicht an die Konsole, sondern in die Küche" waren auf Twitch keine Seltenheit, auf TikTok waren sie sogar noch häufiger.

Zu FIFA kam Katarina, die zunächst in einer Frauenmannschaft "echten" Fußball spielte, nach einer Verletzung: "Dann hat mir das Fußballspielen keine Freude mehr gemacht", erzählt sie. Aber leicht hatte sie es als Frau nie, auch wenn sie von anderen Frauen in der Gaming-Szene immer wieder als Vorbild genannt wird.

Ab 2021 streamte sie regelmäßig auf Twitch. Nach einigen Monaten erhielt sie ein Angebot von FC Red Bull Salzburg und machte Content für Instagram und TikTok. Ihr Spiel war immer "zu 99% FIFA", sagt sie. Andere Spiele haben sie nicht interessiert. Katarina hat sich vor zwei Monaten komplett aus dem Streaming zurückgezogen. Es würde ihr einfach keinen Spaß mehr machen. Sie schließt allerdings nicht aus, eines Tages wieder anzufangen.

Sie will Frauen aber mitgeben: "Zieht euch nicht zurück, wenn ihr Freude daran habt. Lasst euch von komischen Vögeln nicht abhalten, nur weil diese nicht wollen, dass Frauen das auch machen". Sie wünscht sich, dass mehr Frauen den Mut haben, öffentlich zu streamen.

Becci (30), "JustBecci", Twitch-Streamerin, Moderatorin und Content Creator

Becci sagt: "Als Frau musst du dreimal mehr Wissen mitbringen, um dich zu beweisen".
Becci sagt: "Als Frau musst du dreimal mehr Wissen mitbringen, um dich zu beweisen". © Michael Edelmayer

2011 Jahren war Becci das erste Mal bei der Gamescom. Dort habe sie gesehen, dass man im Gaming-Bereich auch arbeiten kann. "Das will ich auch machen", dachte sie damals. 2014 stand sie dann zum ersten Mal als Moderatorin auf Gamescom-Bühne in Berlin. Nach einigen Jahren in Berlin, kam sie 2018 zurück nach Österreich.

"Ich glaube die Frauen würden sich wünschen, dass sie alles genauso machen könnten wie die Männer", sagt Becci, die mit bekannten Gamerinnen wie "Tyraphine" spielt. Das sei aber nicht so: "Männer können eher im Unterleiberl dasitzen." Frauen hätten es da viel schwerer: "Als Frau mit Brüsten wird man sofort sexualisiert". Das gleiche gelte für ihren Humor - ihre Witze würden oft nicht so ernst genommen. Generell müssten sich Frauen immer mehr beweisen als Männer.

Über Äußerlichkeiten denkt sie viel nach: "Es ist von Vorteil hübsch zu sein, aber auch hübsche Männer haben es als Streamer leichter." Das Prinzip, dass sich gutes Aussehen verkauft, sei bekannt. "Die Zuschauer-Bubble entscheidet: Mit einer Rolle, die Männer besonders anspricht, verdient man am meisten Geld." Ein niedliches Aussehen würden genauso helfen, wie ein entsprechendes Spiel: "Ich bin mal so, mal so", meint sie.

Sie wünscht sich für die Zukunft, dass sich Frauen nicht so  stark beweisen müssen. "Wenn ich am Stream über Football oder Formel-1 spreche, dann fragen mich die Leute, ob ich weiß, wer 2010 Weltmeister wurde." Einen Mann würde man so etwas hingegen nicht fragen. Sie wünscht sich, dass sie als Frau in der Gaming-Szene stärker respektiert wird.

Jenni Rassi (28), E-Sportlerin, Event- und Social-Media-Managerin

Jenni sagt: "Kick-Ass ist unser Motto."
Jenni sagt: "Kick-Ass ist unser Motto." © privat

Jenni hat bereits einiges auf die Beine gestellt. Die Wienerin begeisterte sich schon als Kind für verschiedene Games. Später spielte sie bei "League of Legends"-Turnieren mit. Nach der Matura und einer Buchhalter-Lehre wurde sie Eventmanagerin im Team der Vienna Comic Con. Sie merkte dort, dass es bei der Comic Con einen eigenen Ort für E-Sport-Events brauchte. "Deshalb machten wir dann die Vienna Challengers Arena", erzählt sie.

Die VCA Vienna Challengers Arena ist ein wichtiges E-Sport-Event, bei dem auch internationale Turniere stattfinden. "Mein Herz gehört aber den Smash-Turnieren, die Community ist einfach großartig", schwärmt Jenny. "Super Smash" ist ein Game, dass man nur vor Ort spielen kann. Andere Länder wie die USA, Frankreich und Spanien wären in dem Bereich aber bereits viel weiter als Österreich, meint sie.

Als Frau in der Gaming-Szene hat Jenny nicht nur gute Erfahrungen gemacht, immer wieder erlebte sie Frauenfeindlichkeit. Besonders traumatisch war für sie ein Erlebnis. Auf einer Website wurden Frauen aus der Gaming-Szene mit Fotos vorgestellt. "Bei mir waren sehr viele negative Kommentare. Etwa, dass ich aussehe wie eine Pornodarstellerin, obwohl es ein normales Foto war. Ich wurde immer als Objekt kommentiert." Das Erlebnis bewirkte, dass sich Jenni aus der  Öffentlichkeit zurückzog. Sie sei auf Twitter zurückhaltender geworden und habe ihr Instagram auf privat gestellt, erzählt sie. Dadurch wurden aber auch ihre Erfolge weniger sichtbar. "Ich habe meine Legacy dadurch ein Stück weit aufgegeben", bedauert sie.

Aufgehört hat Jenny deswegen noch lange nicht. Mittlerweile arbeitet sie im Social-Media-Team von "Ski Challenge", einem wichtigen E-Sports-Titel aus Österreich. Für die Zukunft wünscht sie sich: "Wir müssen am Ball bleiben und dürfen uns nicht unterkriegen lassen". Sie ist sich sicher, dass auch Frauen in der E-Sport-Szene etwas bewirken können. "Kick-Ass ist unser Motto", sagt sie selbstbewusst.

Gabriela Chihan Stanley (41), Kreativdirektorin für VR-Games

Gabriela sagt: "Es wird so getan, als ob man nur ein Gesicht ist und nicht diejenige, die den Job macht."
Gabriela sagt: "Es wird so getan, als ob man nur ein Gesicht ist und nicht diejenige, die den Job macht." © vrisch

Gabriela findet es manchmal schwierig, ihre Rolle als weibliche Spieleentwicklerin zu rechtfertigen. "Es wird gefragt: Welche Spiele machst du? So im Sinne - schauen wir mal ob es ein richtiges Spiel ist, das du machst." Bei männlichen Spiele-Entwicklern würde hingegen niemand so etwas sagen, meint Gabriela. Sie wuchs in Paraguay auf und gründete in Wien mit ihrem Mann das Studio "vrisch", das sich auf Virtual-Reality spezialisiert hat. Als Kreativdirektorin entwickelt sie Geschichten für Virtual Reality.

"Ich war immer schon ein Geek," sagt sie. Auf dem Computer ihres Onkels spielte sie schon in den frühen 1990er Jahren Computerspiele. "Mich hat immer fasziniert, dass es in Computerspielen eigene Welten gibt, die man mit Geschichten erkunden kann", erinnert sie sich. Im Rückblick merke sie, wie viel ihr das Spielen als Kind gebracht habe: "Wir können so viel vom Spielen lernen, nicht nur wie wir miteinander interagieren, sondern auch uns selber aus verschiedenen Perspektiven verstehen".

Als Frau in der Technik-Welt müsse sie aber oft gegen Vorurteile ankämpfen: "Die Österreicher finden es komisch, dass eine Frau in der Technologie-Branche arbeitet." Oft werde angenommen, dass Frauen schlechter im Umgang mit Technik wären. "Es wird so getan, als ob man nur ein Gesicht ist und nicht diejenige, die den Job macht", sagt sie. In ihre Branche gebe es für Frauen viel zu tun: "Wir müssen uns mit der Machete vorwärts kämpfen. Mit all den Narben auf unserem Körper kommen wir dann dort an, wo der Typ schon vor zehn Jahren war und sagt: 'Ah, du bist endlich angekommen.' Er hingegen ist super-frisch und hat einen Martini in der Hand."

Sie versteht nicht, warum Frauen stets in bestimmte Rollen gedrängt würden. Warum gefragt werde: "Was gefällt dir an Games, wenn Frauen von Natur aus so weich und nicht-gewalttätig sind?" Denn auch Frauen könnten Gefallen an Shooter-Spielen haben, nicht alle würden sich mit einer passiven, schwächeren Rolle zufrieden geben. "Warum haben wir dieses Image? Warum können wir nicht die Eroberinnen sein?", fragt sie. Für die Zukunft wünscht sie sich echte Gleichheit: "Arbeiten wir zusammen! Ich will das dieses Thema endlich erledigt ist." Sie möchte, dass sie endlich so akzeptiert wird wie sie ist.