Am Wiener Landesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien abgeschlossen worden. Vier Angeklagte nutzten die Gelegenheit zu einem Schlusswort, der Zweit- und der Drittangeklagte verzichteten darauf und verwiesen auf die vorangegangen Schlussvorträge ihrer Verteidiger. Die Geschworenen zogen sich exakt um 10.02 Uhr zurück, nach der Rechtsbelehrung durch den vorsitzenden Richter nahmen sie ihre Beratungen auf.
Die Beratungen der Geschworenen über die Schuld der sechs Angeklagten sind noch im Gange. Um 19.30 Uhr gab es im Landesgericht für Strafsachen vorerst keine Anzeichen, dass diese zeitnahe ihr Ende finden könnten. Der Zeitpunkt der Urteilsverkündung ist damit offen.
"Mein tiefstes Beileid an die Hinterbliebenen, denn sie sind bis jetzt zu kurz gekommen", sagte der Erstangeklagte, dem die Anklage zur Last legt, den Attentäter zum Zwecke der Munitionsbeschaffung in die Slowakei chauffiert zu haben. Diese Fahrt sei "wie ein schlechtes Date" gewesen: "Ich habe bereut, dass ich mit ihm losgefahren bin." Er habe das nur deshalb gemacht, weil er endlich ein eigenes Auto hatte ("Die Freude war riesengroß, das Auto war meine Lebensfreude"), mit dem er grundsätzlich jeden in seinem Bekanntenkreis herumchauffiert habe, wenn er danach gefragt wurde. Dies auch für den späteren Attentäter getan zu haben, sei "nichts Bedeutendes für mich" gewesen.
Nicht in mörderischen Plänen bestärkt
Er habe den Attentäter "fast gar nicht" gekannt: "Er war einer, der nicht viel redet." Den Vorwurf, diesen in seinen mörderischen Plänen bestärkt zu haben, wies der Erstangeklagte zurück, zumal er mit der radikal-islamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) nichts am Hut gehabt habe: "Wie soll jemand, der den IS verteufelt, ihn (den Attentäter, Anm.) fünf Monate lang motiviert haben?" Er sei nicht davon ausgegangen, dass der Attentäter gefährlich ist: "Hätte ich es gewusst, hätte ich es gemeldet." Aber selbst der Verfassungsschutz habe offenbar keine Gefahr gesehen: "Der Verfassungsschutz kannte ihn am besten. Sie kannten seine Vorgeschichte. Sie haben nicht funktioniert."
Er habe nichts mit dem IS zu tun gehabt, bemerkte der Erstangeklagte abschließend: "Ich war nie ein Sympathisant." Der Terror-Anschlag sei eine "abscheuliche Tat, die durch nichts zu rechtfertigen ist" gewesen: "Ich distanziere mich von jeder Art von Gewalt."
DNA auf Waffen
Der Viertangeklagte, der dem Attentäter bis kurz vor dem Anschlag geholfen haben soll - seine DNA-Spuren fanden sich auf beim Terror-Akt verwendeten Waffen und weiteren Utensilien -, verwies darauf, dass er sich nur aufgrund von "Differenzen mit meiner Frau" in der Wohnung aufgehalten habe: "Man kann es Pech nennen, man kann es Schicksal nennen." Eine andere Wohnmöglichkeit "hätte 600, 700 Euro gekostet". Er habe Vorstrafen, habe unter "schlechtem Einfluss" Fehler gemacht, sich nach seiner Hochzeit aber von diesen Einflüssen distanziert: "Ich hatte mein Training, ich hatte mein Studium. Mehr wollte ich nicht." Er sei "ein Stubenhocker" gewesen und - was die gegen ihn gerichtete Anklage betrifft - unschuldig.
Verkäufer der Schusswaffen
Das betonte auch der Fünftangeklagte, der dem Attentäter die beim Anschlag verwendeten Schusswaffen verkauft hatte: "Ich bin in diese Geschichte hineingeraten." Er habe nicht gewusst bzw. geahnt, wofür der Attentäter die Waffen verwendete: "Ich habe nicht nachgedacht, vielleicht, weil ich zu viel Stress hatte." Er habe als Security-Mitarbeiter "Prominente bewacht, Hollywood-Stars" und habe auch als Event-Manager gearbeitet. Mit "terroristischen Sachen" habe er nie etwas zu tun gehabt: "Sogar das amerikanische FBI hat mich geprüft. Zuerst dachte ich, das ist ein Witz." Rausgekommen sei dabei nichts: "In meinem Umfeld ist nie jemand radikal gewesen."
Den Kontakt des Attentäters zum Fünfangeklagten hatte der Sechstangeklagte hergestellt, der dazu in seinem Schlusswort klarstellte: "Hätte ich je gedacht, dass der Attentäter zu so etwas fähig ist, hätte ich die Nummer nicht weitergegeben. Damit muss ich leben."
Urteil nicht vor dem späten Nachmittag
Wie lange die Beratungen der Geschworenen über die Schuld jedes einzelnen Angeklagten benötigen werden, ist nicht absehbar. Sie müssen jedenfalls 28 an sie gerichtete Hauptfragen beantworten und - im Fall von Schuldsprüchen - im Anschluss noch mit den drei Berufsrichtern die Strafen festlegen.
Im Fall von anklagekonformen Verurteilungen drohen vier Angeklagten zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Für zwei, die zum Tatzeitpunkt noch keine 21 Jahre alt waren und damit als junge Erwachsene gelten, geht es um bis 20 Jahre Haft.