Der Reißverschluss des linken Stiefels klemmt im Leder. „Der rechte gehört auch ausgetauscht“, sagt der Schuster. Macht zusammen 50 Euro. So viel hat das Paar Schuhe damals gekostet. In einer Konsumgesellschaft, die Neues günstiger anpreist als eine Reparatur, fällt diese Entscheidung schwer. Gerade jagt in der „Black Week“ – ursprünglich nur der „Black Friday“ – ein Aktionsangebot das andere. Die Verlockung ist groß.

Kleidung wird schnell zu Abfall

„Im Schnitt tragen wir Kleidung vier Jahre, dann tauschen wir sie aus. Die Menge an produzierter Kleidung ist unglaublich“, sagt Lisa Panhuber, Konsumexpertin bei Greenpeace Österreich. Die NGO hat eine Studie in Auftrag gegeben. Heraus kam, dass eine längere Nutzung von Waren eine deutliche Emissionsreduktion bedeuten würde. Untersucht wurden fünf Fallbeispiele: Kleidung, Waschmaschinen, Laptops, Smartphones, Notebooks.

Wo man einsparen könnte:

In Repaircafés kann man defekte Dinge mit professioneller Hilfe wieder selbst herrichten
In Repaircafés kann man defekte Dinge mit professioneller Hilfe wieder selbst herrichten © Reparicafé Weiz

„Wenn wir Kleidung doppelt so lange anziehen, bevor sie im Container landet, würden wir in Österreich zwei Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen“, so Panhuber. Waschmaschinen kaufen wir im Schnitt alle zwölf Jahre neu, Smartphones alle dreieinhalb Jahre, Laptops rund alle sieben Jahre, Möbel etwa um die zehn Jahre. „Wir könnten durch längere Nutzung Tonnen von Emissionen reduzieren“, sagt Panhuber. Laut der Studie würde das mehr bringen, als Elektrogeräte zu recyceln, was eine aufwendige Logistik erfordere.

"Geräte müssen reparierbar sein"

Und ist ein Gerät kaputt, sollte man es reparieren können. Panhuber: „Leider werden manche Geräte so gebaut, dass das nicht möglich ist oder keine Softwareupdates mehr verfügbar sind. Hier fordern wir eine Änderung und klare EU-Vorgaben“, sagt die Konsumexpertin. Der Reparaturbonus des Klimaschutzministeriums geht bereits in diese Richtung (www.reparaturbonus.at).

Seit April übernimmt der Bund bei der Reparatur eines Elektrogeräts rund die Hälfte der Kosten (maximal 200 Euro je Reparatur). Kritik häufte sich zunächst bei der Abwicklung bzw. kannten viele Kunden das Konzept nicht. Inzwischen wurden laut Ministerium über 300.000 Reparaturbons gelöst und 23 Millionen Euro seit April ausbezahlt – „reparieren soll attraktiv für die Menschen werden“, heißt es aus dem Ministerium.

Reparaturbonus erweitern

Die grundsätzliche Idee begrüßt Greenpeace, fordert jedoch, dass der Bonus für weitere Produkte gilt. Die Steiermark war hier Vorreiter. Als erste Stadt Österreichs führte Graz 2017 eine Reparaturförderung ein (maximal 100 Euro pro Haushalt und Jahr). 2018 entstand das Netzwerk „Graz repariert“, wo zig Unternehmen aufgelistet waren, bei denen die Förderung galt. „Auch eine Schneiderei war dabei“, sagt Thomas Lampesberger vom Grazer Umweltamt. „Zuletzt haben wir über Möbelreparaturen geredet.“

Mit Einführung des bundesweiten Bonus musste Graz die Förderung stoppen. „Doppelförderungen sind nicht zulässig“. Gerade wurden die letzten Anträge (3000 bis 4000 jährlich) abgearbeitet, die zuvor eingegangen sind.

Lampesberger: „Es wurde von jung, alt, Mann, Frau, Akademiker bis Arbeiter gut angenommen.“ So hat Graz heuer beschlossen – sollte der Bundestopf ausgeschöpft sein oder enden – die eigene Förderung zu reaktivieren. Das Netzwerk „Graz repariert“ existiert weiter. Auch in Wien gab es einen Reparaturbonus (rund 35.000 Gegenstände wurden darüber repariert). Dieser wurde ebenso vom Bundesbonus abgelöst.