Die Staatsanwaltschaft (StA) hat nun
"weiterführende sicherheitsbehördliche Erhebungen in der Sache
Martin Ho angeordnet", zitiert das Magazin "Dossier" eine Sprecherin
der StA Wien. Der APA wurden dort weiter anhängige Ermittlungen
bestätigt. Ein Ho-Sprecher weist die Vorwürfe zurück.

Das Arbeitsmarktservice Wien (AMS Wien) hatte Anh Tuan Ho - so
heißt der in Österreich prominent gewordene gebürtige Vietnamese und
Freund von Ex-ÖVP-Chef und -Bundeskanzler Sebastian Kurz mit vollem
Namen - angezeigt. Laut "Dossier" belegen Unterlagen, dass sich der
Betrugsverdacht nach ersten Befragungen verdichtet habe. "Die
Vorwürfe betrügerischen Handelns weisen wir aufs Schärfste zurück",
sagt Alexander Khaelss-Khaelssberg gegenüber dem Magazin. Seine
Agentur macht die Pressearbeit für Ho und dessen Firmengruppe Dots
(Clubs, Restaurants, Hotels und Kunst).

Neben Ho wird nun laut dem Bericht auch ein Co-Geschäftsführer
der Dots-Gruppe als Beschuldigter geführt. "Die Polizei ermittelt.
Doch bis zum Abschluss wird es noch dauern", sagte die
Staatsanwaltschaftssprecherin. Die fallführende Staatsanwältin hat
dem Landeskriminalamt Wien im April eine lange Liste von Zeuginnen
und Zeugen geschickt, die alle einzuvernehmen sind.

Während das AMS Wien Zweifel an den abgerechneten Fördersummen
und -zeiträumen hegt, geht die Polizei einem neuen Verdacht nach.
Bei der Beantragung von Kurzarbeitsförderungen könnten
Unterschriften von Mitarbeitern gefälscht worden sein, schreibt
"Dossier".

"Ich musste Zeit einarbeiten"

Demnach beschäftigen die Polizei seltsame Signaturen. So sagte
etwa ein Mitarbeiter unter Wahrheitspflicht zu einem
Kurzarbeitsantrag für den Zeitraum 1. März 2020 bis 31. Mai 2020,
dass eine Unterschrift darauf nicht von ihm sei. Wer sie gefälscht
habe, wisse er nicht, aber: "In dem angeführten Zeitraum war ich zu
Beginn eine Woche zu Hause und danach zwei Wochen in Quarantäne",
sagte der Mitarbeiter laut "Dossier" unter Berufung aufs
Einvernahmeprotokoll. "Mit der Rückkehr aus der Quarantäne, circa
23. März 2020, wurde von mir verlangt, voll zu arbeiten." Und
weiter: "Ich musste sogar die Zeit der Quarantäne einarbeiten, die
Order kam von meinem Betriebsleiter." Der Mitarbeiter beschwerte
sich, dass "der Staat die Quarantäne finanziell ausgleichen würde
für das Unternehmen" und darum die Forderung des Einarbeitens
unzulässig sei.

"Ich musste zehn Stunden pro Tag arbeiten, fünf Tage die Woche",
sagte der Mitarbeiter aus. "Mir wurden die geleisteten Mehrstunden
nicht ausbezahlt, und ich hatte zu dieser Zeit nur das
Kurzarbeitsgehalt." Laut Dienstvertrag war er als Kellner in der
Dots-Gruppe von Martin Ho angestellt. "Ich goss die Pflanzen, strich
und schleifte die Tische ab, es gab diverse Renovierungs- und
Instandhaltungsarbeiten", so der Mitarbeiter zu seiner
"Vollzeit"-Tätigkeit ohne Gäste. Und dabei sei er nicht allein
gewesen. "Wir waren immer drei bis vier Arbeiter." Im ersten
Lockdown habe es auch mehrere Kündigungen gegeben, erinnerte sich
der Zeuge.

"Die Arbeiter mussten auch Stundenaufzeichnungen an das
Unternehmen weitergeben und bekamen bar auf die Hand eine
Stundenvergütung von fünf Euro nach Ende des Lockdowns", sagte der
Mitarbeiter weiter aus. Der Zeuge nannte vier Mitarbeiter, die noch
in der Dots-Gruppe tätig sind.

Weitere Verfahrensschritte

Kurz nach Start der Ermittlungen verabschiedete sich ein
wichtiger Geschäftspartner von Ho: Am 10. Mai 2022 legte Wilhelm
Vullriede die Geschäftsführung in sieben Firmen der Dots-Gruppe
zurück. Lediglich an der Holdingfirma Dots Beteiligungen GmbH, wo er
20 Prozent der Anteile hält, sitzt er noch im Management. "Herr
Vullriede ist aus den operativen Gesellschaften ausgeschieden",
bestätigte Nikolaus Rast, der Anwalt von Martin Ho, dem "Dossier".
Ob der Rücktritt von Vullriede etwas mit dem laufenden
Strafverfahren zu tun habe, habe Rast nicht beantworten wollen. Eine
Anfrage des Magazins bei Vullriede blieb offen.

"Zum Verfahren kann ich derzeit nichts sagen", sagte Ho-Anwalt
Rast weiter. "Im September bekomme ich Akteneinsicht." Sein Mandant
wurde bis dato "nicht einvernommen". Auch die StA-Wien-Sprecherin
Judith Ziska blieb beim Usus, laufende Ermittlungen nicht zu
kommentieren bestätigte aber: "Martin Ho und Wilhelm Vullriede
werden von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigte geführt."

Laut der vom AMS herausgegebenen Bundesrichtlinie
Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-Covid-19) ist die ordnungsgemäße und
vollständige Dokumentation eine wesentliche Voraussetzung, um
Förderungen zu bekommen. Die Arbeitgeber müssen die Unterschriften
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einholen. "Als Nachweis für
die Anzahl der verrechenbaren Ausfallstunden besteht die
Verpflichtung des Betriebes, Arbeitszeitaufzeichnungen
(Arbeitsbeginn, -ende, -unterbrechungen) für alle von Kurzarbeit
betroffenen Mitarbeiter:innen zu führen und auf Verlangen dem AMS
vorzulegen", heißt es in der KUA-Covid-19. Und: "Bei falschen
Angaben hinsichtlich der besonders starken Betroffenheit von der
Corona-Krise ist jedenfalls die gesamte KUA-Beihilfe zu widerrufen
und zurückzufordern."

Die Justiz bestraft Kurzarbeitsschwindel besonders hart. Im
August verhängte ein Salzburger Strafrichter in einem anderen Fall
eine bedingte Haftstrafe. Zehn Monate Gefängnis für den
Geschäftsführer, weil dieser dem AMS Salzburg betrügerisch gemeldet
hatte, dass seine Mitarbeiter wegen der Pandemie in Kurzarbeit
seien.