In den Jahren 2002 und 2013 ist es an der Donau zwar zu ähnlich hohen Pegelständen gekommen, die Auswirkungen der Hochwasser verliefen aber zuletzt deutlich glimpflicher als noch vor 20 Jahren. In einer im Fachblatt "Nature" erschienenen Arbeit zeigen Experten jedoch, dass dieses Beispiel eher die Ausnahme ist. Vielerorts hatte man es mit Ereignissen zu tun, die die auch mitunter großzügig bemessenen Gegenmaßnahmen überspülten und die Schutzfunktion aushebelten.
Das weitverzweigte internationale Team um Heidi Kreibich vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam trug für die neue Arbeit Informationen über insgesamt 45 Paare an Hochwassern und Dürren im Abstand von im Schnitt rund 16 Jahren auf der ganzen Welt zusammen. Das Ziel war es, zu berechnen, wie sich Managementmaßnahmen zum Hochwasserschutz oder zur Anpassung an Dürren im Katastrophenfall auswirken. Besonderes Augenmerk legte man auf ausgeprägte Extremereignisse – also etwa derart hohe oder niedrige Pegelstände, wie sie im Langzeitdurchschnitt nur sehr selten auftreten. Durch die anhaltende Erderhitzung in den vergangenen Jahrzehnten ist laut einer Vielzahl an Studien nämlich damit zu rechnen, dass genau solche einst sehr raren Ereignisse künftig im Schnitt noch häufiger auftreten werden.
Ein klares Ergebnis der neuen Analyse ist, dass Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen von Hochwassern in der Regel negative Effekte abschwächen oder verhindern können. Klarerweise gilt das nur, wenn das Ausmaß des Ereignisses die lokalen Erfahrungswerte nicht übersteigt. Sind die Kapazitäten von Rückhaltebecken, Dämmen oder anderen Vorsichtsmaßnahmen erschöpft, kann das System seine Wirkung nicht entfalten. Das war in vielen untersuchten Fällen auch so.
Österreich in glücklicher Situation
Nicht so an der Donau bei den jeweiligen Sommerhochwassern 2002 und 2013, wie die Wissenschaftler in der Studie hervorheben. Die damals ähnlich hohen Niederschläge im Donauraum und bei den Zubringern des Stromes brachten eine hydrologisch vergleichbare Gefahrensituation mit sich, erklärte der an der Arbeit beteiligte Hydrologe Günter Blöschl von der Technischen Universität (TU) Wien. "In Österreich sind wir eigentlich in einer glücklichen Situation." Denn die tragischen Ereignisse des Jahres 2002 "wurden sehr ernst genommen", betonte der Forscher.
Die neuen Maßnahmen bzw. Verbesserungen, etwa die mobilen Dämme in der Wachau oder verbesserte Hochwasserwarnungen, konnten ihre Vorzüge ausspielen. Das "war zwar sehr teuer", habe sich 2013 aber "vielfach gerechnet", sagte Blöschl zu dem "positiven Beispiel". Obwohl sich vor rund neun Jahren viele Überschwemmungen verhindern ließen, sei es nicht ausgeschlossen, dass höhere Pegelstände nicht künftig doch auftreten können.
Ein "sehr viel größeres" zweites Ereignis habe man über die Studie hinweg nämlich bei einigen Fallbeispielen gesehen. Dies zeige, "dass sich die Gesellschaft an das anpasst, was sie kennt", es aber entsprechend schwieriger ist, Situationen vorwegzunehmen, die nochmals um ein Stück weit extremer sind. Insgesamt müssten die Bevölkerungen, die Politik und andere Akteure die Möglichkeit von derart extremen Ereignissen im Auge behalten, ohne rhetorisch in einen Panikmodus zu verfallen, mahnte Blöschl.
Ein simples Kleinreden oder Wegschieben von unwahrscheinlichen, aber möglichen Szenarien sollte vermieden werden, auch wenn man dem "psychologisch in der Regel viel weniger Gewicht gibt", sagte der Hydrologe: "Klar kann ein größeres Hochwasser passieren als 2013." Das, aber auch extreme Dürren, gelte es bei der Raumplanung mitzudenken. Ein gewisses Restrisiko bleibe immer, man könne allerdings "den Super-GAU verhindern".