Nach einer Welle an Kritik an die Behörden wird die Leiche der jungen Frau jetzt doch obduziert. „Wir haben das bei Gericht beantragt“, bestätigt ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Wels. Damit sollen mögliche offene Fragen zur Todesursache restlos geklärt werden.
Angehörige hätten, wie es ihr Recht ist, die Obduktion verlangt. Die Staatsanwaltschaft Wels hat diese daraufhin beim Gericht beantragt und dieses habe sie veranlasst. Ein vorläufiges Ergebnis könnte noch am Mittwoch vorliegen, die toxikologischen Analysen würden aber deutlich länger dauern, hieß es. An der Verdachtslage habe sich nichts verändert. Man gehe weiterhin von Suizid aus. Es gebe keine neuen Hinweise oder Erkenntnisse, die anderes nahelegen würden.
Am Nachmittag gab es dann eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Wels dazu: "Das nunmehr übermittelte vorläufige Obduktionsergebnis bestätigt die bisherigen Ermittlungsergebnisse; insbesondere sind keine Hinweise auf eine Einwirkung von Dritter Hand zu Tage getreten."
Ein abschließendes schriftliches Gutachten wird mit Vorliegen der chemisch-toxikologischen Untersuchungsergebnisse erstattet werden, die jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen werden.
Pressesprecher geht juristisch vor
Der Leiter der Polizei-Pressestelle Oberösterreich geht unterdessen rechtlich gegen einen Twitter-User vor. David Furtner hatte am 28. Juni im "Ö1"-Mittagsjournal der Ärztin unterstellt, sie habe in die Öffentlichkeit gedrängt, wolle "über die Medien das eigene Fortkommen" fördern und sie habe den Fall "sehr sehr dramatisch" dargestellt. Ein Twitter-User hat nun von einem Anwalt Furtners eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung erhalten, nachdem er den Polizeisprecher nach dem Tod der Ärztin kritisiert hatte. Im Tweet wird Furtner vorgeworfen, er habe mit seinen "unüberlegten Worten und depperten Aussagen Blut an den Händen".
Furtners Anwalt Gernot Sattlegger sagte gegenüber der APA, man habe vom Instrument der außergerichtlichen Unterlassungsaufforderung nur gegen einen einzigen Twitter-Nutzer Gebrauch gemacht. Dessen Tweet sei "aus meiner Sicht überschießend und rechtswidrig", weil er dem Polizeisprecher unterstelle, Schuld am Tod der Ärztin zu sein. Das sehe er im Gegensatz zu vielen anderen kritischen Postings nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, so der Anwalt sinngemäß. Von dem User wird verlangt, das Posting zu löschen, ähnliche künftig zu unterlassen und die Anwaltskosten zu zahlen. Tut er das nicht, könnte ihm eine Unterlassungsklage drohen. Seinem Mandanten gehe es "nicht darum, jemanden vor den Strafrichter zu zerren, sondern die Folgen eines rechtswidrig verursachten Imageschadens abzuschwächen", so Sattlegger.
Tweet als Auslöser
Die massiven Angriffe aus der Coronaleugner-Szene auf die Ärztin hatten im November 2021 begonnen, nachdem die Medizinerin eine Demo vor dem Klinikum in Wels auf Twitter kritisierte. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich sprach daraufhin von einer "Falschmeldung".
Dieser Tweet war "Grundlage für eine Flut an Beschimpfungen, Beleidigungen, Verleumdungen, Drohungen und größten Anstrengungen von Anhängern der Szene, mir größtmöglichen Schaden zuzufügen. Er dient als Begründung, mich eine Lügnerin zu nennen, eine Hexe, die Ordination durch schlechte Bewertungen zu schädigen und vieles mehr. Also wenn jemand von denen seine Drohungen wahr machen sollte, kennen Sie ihren Anteil daran", antwortete Kellermayr bereits am 17. November der Polizei Oberösterreich. Mehrfach bat sie um Löschung des Tweets. Dieser ist bis heute auf der Twitter-Seite der Polizei OÖ mit mehr als 11.300 Followern ersichtlich.
Staatsanwaltschaft München ermittelt
Unterdessen ermitteln deutsche Behörden in dem Fall. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II – die Behörde ist für das Umland der bayrischen Hauptstadt zuständig – Andrea Grape bestätigte auf APA-Anfrage am Mittwoch "Ermittlungen gegen eine männliche Person wegen des Verdachts der Beleidigung und der Bedrohung". Nähere Details wollte sie dazu unter Verweis auf ein laufendes Verfahren nicht machen.
Eine Hackerin aus Deutschland hatte zwei Deutsche ausfindig gemacht, die Droh-E-Mails verfasst haben sollen. Da das aber bedeuten würde, dass der Tatort nicht in Österreich liegt, mussten die Ermittlungen gegen diese Verdächtigen in Österreich eingestellt werden. Den heimischen Strafverfolgungsbehörden sind nach aktueller Rechtslage bei einem vergleichsweise "schwachen" Delikt wie der gefährlichen Drohung in grenzüberschreitenden Fällen die Hände gebunden.
Auch die Staatsanwaltschaft Berlin wurde von den österreichischen Behörden über mögliche Verdächtige in ihrem Zuständigkeitsbereich informiert. Dort hieß es allerdings, dass vorerst kein Verfahren bekannt sei, was aber auch daran liegen könne, dass internationale Übernahmen immer Zeit in Anspruch nehmen würden. In Österreich wird nach wie vor gegen unbekannte Täter ermittelt.
Verordnung zur Täterausforschung
Dass sich die strafrechtlichen Ermittlungen um die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr schwierig gestaltet haben, die über Wochen hinweg Hass-Nachrichten bis bin zu Morddrohungen erhalten hatte, ehe sie sich Ende voriger Woche das Leben nahm, hat in den vergangenen Tagen für Irritationen gesorgt. Das Justizministerium hofft, dass zukünftig die E-Evidence-Verordnung die Ausforschung von Tatverdächtigen erleichtert, die im Internet hetzen und zu Gewalt aufstacheln.
Wie es am Mittwoch auf APA-Anfrage aus dem Ministerium hieß, soll die E-Evidence-Verordnung, die gerade finalisiert wird, die nationalen Regelwerke ergänzen. "Damit soll ermöglicht werden, dass die österreichischen Staatsanwaltschaften direkt bei Dienstanbietern Auskünfte über Teilnehmer-, Zugangs-, Verkehrs- oder Inhaltsdaten einholen können, ohne zuvor um Rechtshilfe bei einer Behörde im Ausland ansuchen zu müssen", teilte ein Sprecher mit. Das könnte auch die Ermittlungsarbeiten im Fall der oberösterreichischen Ärztin beschleunigen, "da auch hier Täter aus dem Ausland ihre Hassbotschaften versendet hatten".
Das Justizministerium betonte, dass das Hass im Netz-Gesetz von virtuellen Drohungen und Demütigungen Betroffenen über das Strafrecht hinausgehend zivilrechtliche Möglichkeiten biete, etwa Mahnverfahren. Ermittlungen und andere Rechtsbehelfe bräuchten allerdings "eine gewisse Zeit", insbesondere wenn Tatverdächtige im Ausland ausgeforscht werden müssen bzw. gegen solche ermittelt wird.
Das Maßnahmenpaket gegen "Hass im Netz" ist mit 1. Jänner 2021 in Kraft getreten. Seither können bei den Bezirksgerichten Löschungen von Hass-Nachrichten beantragt und bei den Landesgerichten Verfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) bzw. Beleidigung (§ 115 StGB) in die Wege geleitet werden. Die Anzahl dementsprechender Verfahren ist seither stark gestiegen, zeigen Zahlen des Justizministeriums.