Die Anwälte der Angehörigen der 13-Jährigen, die am 26. Juni 2021 in Wien scheinbar nach dem Konsum von acht Ecstasy-Tabletten gestorben ist, wollen bei dem Prozess gegen drei Männer das Morddelikt thematisieren. Für die Privatbeteiligtenvertreter Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck hätten die drogenerfahrenen Beschuldigten davon ausgehen können, dass dieser Drogencocktail tödlich sei. Die Anwälte hoffen so auf eine Ausweitung der Anklage auf Mord während des Prozesses.
Die Staatsanwaltschaft hat Vergewaltigung mit Todesfolge und schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen angeklagt. Die Strafandrohung ist zwar genauso hoch wie beim Morddelikt – bis zu lebenslange Haft bei Erwachsenen bzw. bis zu 20 Jahre Haft beim jungen Erwachsenen –, für die Opferanwälte hätte dies aber "symbolischen Charakter". Wenn die Anklagebehörde im Zuge des Beweisverfahrens zur Überzeugung komme, dass der Verdacht des Mordes gegeben ist, habe sie das Recht, einen Antrag auf Ausweitung der Anklage zu stellen.
Beschuldigte mussten von möglichen Folgen gewusst haben
Die drei Beschuldigten im Alter von 19 bis 23 Jahren, gegen die nun Anklage erhoben wurde, sollen zu dem Zeitpunkt, als das Mädchen in die Wohnung mitkam, beschlossen haben, es unter starken Drogeneinfluss zu setzen und gemeinsam zu vergewaltigen. Es gebe zwar keinen Standard für Ecstasy-Tabletten, meinte Öhlböck. "Aber man geht davon aus, dass für Frauen eine maximale Dosierung von 1,3 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht gilt. Wenn sich das auch erhärten sollte durch die Gutachter, dann bedeutet das, dass es mehrfach überdosiert war." Für Öhlböck sei es vorhersehbar gewesen, dass ein Mädchen im Alter von 13 Jahren daran versterben könne.
"Wie viel haben die Beschuldigten gewusst, was haben sie für möglich gehalten und womit haben sie sich abgefunden", so Öhlböck. "Das sind die Fragen, die sich in der Hauptverhandlung stellen werden." Zwei der Angeklagten hätten dokumentiert "massive Erfahrungen mit Drogen" gehabt. "Die müssen wissen, behaupte ich, was Drogen mit einem Menschen, mit einem jungen Menschen, mit einem 13-jährigen Mädchen machen." Sie hätten die Drogen zu einem bestimmten Zweck eingesetzt, um den wehrlosen Zustand des Mädchens herbeizuführen. Für ihn stelle sich die Frage, ob sie nicht damit rechnen mussten, dass das Mädchen an dieser Intoxikation durch MDA auch sterben könnte. "Und wenn das der Fall ist, dann ist das letztlich Mord", sagte Öhlböck. "Für die Angeklagten ist nichts zu gewinnen", ob sie wegen Vergewaltigung mit Todesfolge oder des Mordes verurteilt werden, sagte sein Kollegen Höllwarth. Die Strafandrohung sei die gleiche. Aber es hätte "eine symbolische Wirkung", meinte er.
Prozess im Spätsommer
Die Privatbeteiligtenvertreter gehen davon aus, dass der Prozess Ende August bzw. Mitte September stattfinden wird. Neben der Einvernahme der Angeklagten, die einen Dolmetscher benötigen, werden elf Zeugen und sieben Gutachter gehört. Deshalb wollen die Opferanwälte zum Schutz der Angehörigen – Höllwarth vertritt die Eltern der 13-Jährigen, Öhlböck die vier Geschwister – einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit stellen. Wann dieser erfolgen soll, ließen die beiden bei der Pressekonferenz noch offen. Vor allem gibt es zwei Videos, die die Beschuldigten während der Tat angefertigt haben sollen, diese werden von vornherein nicht öffentlich dem Gericht vorgespielt.
Die Angehörigen werden sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anschließen. Es werden dann Ansprüche im Rahmen zwischen 10.000 bis 50.000 Euro pro Person gestellt. "Es stellt sich allerdings die Frage, von wem wird das zu holen sein", so Öhlböck. Auch im Fall einer ermordeten 16-Jährigen in Wiener Neustadt vor drei Jahren sei das Schmerzengeld für die Familie in der Höhe von 40.000 Euro praktisch nicht einzuholen, sagte Höllwarth, der auch dort die Eltern vertrat.
Angehörige sind keine "Bittsteller"
Die Anwälte sehen da auch die Politik in der Bringschuld, die Angehörigen könnten nicht als "Bittsteller" in Erscheinung treten. Die Privatbeteiligtenvertreter überlegen auch eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich. Sie werfen der Republik vor, dass die Asylverfahren der Verdächtigen viel zu lange gedauert hätten. Die Männer hätten zudem von den Behörden besser überwacht gehört.
Nach dem gewaltsamen Tod der 13-Jährigen haben Höllwarth und Öhlböck auch an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und den damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ein Schreiben gerichtet, um Vorschläge für die Änderung struktureller Gewalt an Frauen zu unterbreiten. Vonseiten des Justizministeriums gab es gar keine Reaktion, vonseiten des Innenministeriums gab es zunächst positive Reaktion, aber es wurde sehr schnell aufgezeigt, "dass im Grunde kein Interesse besteht für Neuerungen, für Vorschläge, um bestehende Strukturen zu ändern", sagte Höllwarth.