Wie sieht die Lage in Österreich aus? Bei der Pressekonferenz gestern Vormittag wurde der aktuelle Bericht zur Suchtmittelkriminalität 2021 vorgestellt. Das erschreckende Fazit: Die Kriminalitätsrate geht zwar zurück, doch es sind nur die kleinen Vergehen, die sinken. "Die Verbrechen in Zusammenhang mit Drogen sind 2021 gestiegen", betont Innenminister Gerhard Karner. Die Hälfte der Drogenverbrechen im Vorjahr wurde von ausländischen Tätern begangen, die meisten kommen vom Westbalkan, zeigt der Drogenbericht des Innenministeriums. Drogenkriminalität nimmt in Österreich übrigens ein Zehntel der Gesamtkriminalität ein.
Der Drogenhandel ist neben der Schlepperei und damit dem Menschenhandel der größte Geschäftszweig der organisierten Kriminalität. "Mit dem Gewinn daraus wird auch Terror finanziert und der Waffenhandel", betont Karner. Aber auch die Drogenkonsumenten selbst würden die öffentliche Sicherheit und damit das Sicherheitsgefühl der Österreicher beeinträchtigen. Außerdem gibt es pro Jahr und 200 Tote als Folge des Drogenmissbrauchs – und damit großes Leid für Familien und Freunden.
Große Erfolge im Vorjahr
2,5 Tonnen Drogen wurden im Vorjahr in Österreich sichergestellt, weiß Bridagier Daniel Lichtenegger, im Bundeskriminalamt (BK) für den Bereich Drogen zuständig – 2,1 Tonnen Cannabis, 81 Kilo Kokain, 72 Kilo Heroin, was die meisten Todesopfer nach sich zieht. Zum Vergleich: Bei einem einzigen Zugriff in Rotterdam (Niederlande) konnten kürzlich 70 Tonnen Heroin sichergestellt werden, führt Lichtenegger an. Und betont: "Aber ist es wichtig, viel zu beschlagnahmen oder ist es wichtig, Tätergruppen zu zerschlagen? Wir haben sechs Festnahmen täglich, die meisten werden in U-Haft genommen." Die Hauptaufgabe der Polizei sei es, die Bevölkerung zu schützen, nicht nur die Straftaten zu sanktionieren.
Zwei größere Gruppierungen konnten zerschlagen werden, wobei österreichische Ermittler federführend waren oder zumindest mitgewirkt haben. Lichtenegger führte dabei die Operation Achilles und die Zerschlagung der Tätergruppe rund um den noch immer flüchtigen Österreicher Max Schabel an, der zu den "most wanted" in Europa zählt.
Einen gewaltigen Anstieg gibt es auch bei den synthetischen Drogen, von Ecstasy über Crystal Meth bis LSD. Vor allem in Wien sind die Schwarzafrikaner als Dealer von den Straßen verschwunden, hat der Westbalkan die Drogenszene auf der Straße übernommen. Das große Problem dabei: Die Drogen sind jetzt viel reiner, ein Reinheitsgrad von 40 Prozent ist keine Seltenheit mehr – was aber auch die Gefahr eines tödlichen Drogenkonsums steigen lässt. Außerdem sind die neuen Banden straff organisiert – mit internen Strafen bis hin zu Folterungen und sogar Tötungen, so Brigadier Lichtenegger.
Beim Cannabis setzen die Österreicher hingegen auf Selbstversorgung: Jeden Tag werden drei Plantagen entdeckt und von der Polizei abgeerntet oder zumindest beschlagnahmt. 2021 waren 19 industrielle Betriebe darunter, von industriell spricht man bei Pflanzen von mehr als 1000 Stück.
"Eine Legalisierung von Cannabis in Österreich wird es nicht geben", bringt es der Innenminister auf den Punkt. Das sei der "völlig falsche Weg".
Welche Konsequenzen werden gesetzt?
Um das Problem zumindest einigermaßen in den Griff zu kriegen, wird das Bundeskriminalamt nationale und internationale Schwerpunkte setzen, betont Minister Karner. Was heißt: In Österreich werden verstärkt Cyberdealer ins Visier der Ermittler genommen – dafür gibt es seit 2018 sogar eine Spezialeinheit. Dazu sind noch verstärkt Kontrollaktionen gemeinsam mit dem Zoll in Verteilzentren geplant. Der Kauf von illegalen Drogen verlagerte sich in den letzten Jahren immer mehr ins Internet, sprich Darknet, die Drogen werden dann häufig auf dem Postweg verschickt.
International wird der Fokus auf den Westbalkan gelegt. So startet im August eine Taskforce, bei der Österreich und Kroatien mit Europol führend sind.
Daniele Marcher