So manchem Afrikareisenden ist der Kuhreiher (Bubulcus ibis) als Begleiter der großen Huftierherden in den Savannen bekannt. Früher beschränkte sich sein Brutgebiet auf Südspanien und Afrika. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts besiedelte er Amerika und Australien und breitete sich in Südeuropa aus. Heute bewohnt er Feuchtgebiete in der gesamten Südhälfte des Kontinents mit einem Schwerpunkt auf der Iberischen Halbinsel. In den letzten 20 Jahren weitete sich sein Areal nach Norden (bis Niederlande und Großbritannien) und Osten aus und erreicht mit unseren Nachbarländern Ungarn und Tschechien bereits Mitteleuropa.

„Bedingt durch das zunehmend warme Klima bei uns in Österreich und die zunehmende Trockenheit in Spanien war es daher nur noch eine Frage der Zeit, wann sich der Kuhreiher bei uns ansiedelt“, erklärt Florian Billinger, Fachmitarbeiter bei BirdLife Österreich. Dass mindestens vier Brutpaare ihre Heimat am Unteren Inn gefunden haben, beurteilt der Ornithologe so: „Der Untere Inn stellt österreichweit eines der wichtigsten Brut-, Rast- und Überwinterungsstätten für viele Vögel dar.“

Warum am Unteren Inn?

Es sind im Wesentlichen drei Faktoren, warum der Untere Inn für den Kuhreiher so attraktiv ist: Als Koloniebrüter schließt er sich gerne langjährig erfolgreichen, artgemischten Reiherkolonien an, wie er sie am Unteren Inn findet. Darüber hinaus gilt das Gebiet seit der Entstehung durch den Kraftwerksbau im Jahr 1966 aufgrund des jahrzehntelangen Betretungsverbotes als weitgehend störungsfrei. Im Vergleich zu anderen, wichtigen österreichischen Brutstandorten für Reiher ist der Untere Inn nicht in Gefahr auszutrocknen. Seine Rückstauräume mit den vielen, großflächigen Flachwasserbereichen stellen für wassergebundene Vogelarten einen hochwertigen, nahrungsreichen, sicheren und fast störungsfreien Lebensraum dar.

Alleine die Beobachtung von Kuhreihern am Durchzug stellt in Österreich eine große Ausnahme dar. Es gelingen nur einige wenige Beobachtungen pro Jahr – am Unteren Inn gab es in den letzten vier Jahren keine einzige Sichtung. Anfang Juni beobachteten Thomas und Christa Pumberger aus Aspach (Bezirk Braunau/Inn) erstmals einen adulten Kuhreiher im Prachtkleid. Von nun an häuften sich die Beobachtungen und auch die Anzahl an Kuhreihern: Ab Mitte Juni wurde gebalzt, Nistmaterial gesammelt und Nester gebaut. Ende Juni stand fest: Hier entsteht Österreichs erster Brutstandort. Inzwischen werden zumindest vier Nester bebrütet.