Die Dieselversorgung in Österreich wird offenbar immer schwieriger. Die beschädigte Raffinerie der OMV sowie fehlende Importe aus Russland im Zuge des Ukraine-Krieges sind nur zwei von vielen Gründen, die den Treibstoff derzeit zu einem begrenzten Gut machen. Die Preise steigen dagegen immer weiter an, mit über zwei Euro kostet ein Liter Diesel im Juni laut ÖAMTC so viel wie noch nie. Der Autofahrerklub und die Arbeiterkammer (AK) fordern ein Gegensteuern von der Politik.
Einzelnen Tankstellen sei der Diesel bereits ausgegangen, berichtete die Tageszeitung "Die Presse" am Mittwoch. Laut Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gebe es dagegen "derzeit keine Versorgungsknappheit" bei Diesel und Benzin. Es sei auch nicht geplant, weitere Ölreserven freizugeben – man beurteile die Situation aber jeden Tag neu, und wenn es notwendig sei, werde man auch wieder "umsichtig" auf die Reserve zugreifen, so die Ministerin.
Dennoch dürfte die Versorgung im Einzelfall ins Stottern geraten sein. Dem Mineralölverband (FVMI) ist bisher der Fall eines kleineren Tankstellenbetreibers in Niederösterreich bekannt, wo es zu einem Engpass gekommen ist. Grund dafür seien Beschaffungsprobleme über den Spotmarkt. Der Spotmarkt bietet Kunden ohne langfristige Lieferverträge normalerweise die Möglichkeit, Produkte zu günstigeren Preisen zu kaufen, die verfügbaren Mengen seien derzeit jedoch eingeschränkt, sagte Hedwig Doloszeski, FVMI Geschäftsführerin, zur APA.
Mehrere Gründe für Diesel-Engpass
Die Gründe für die Diesel-Engpässe seien vielfältig. Zum einen belastet der Raffinerie-Unfall vom Juni bei der OMV. Seitdem läuft die Raffinerie nur noch mit einem Bruchteil ihrer eigentlichen Kapazität, dank einer kleineren Anlage steht die Produktion aber nicht vollkommen still. Die Arbeiten dürften allerdings noch einige Zeit dauern, ein Vollbetrieb wird erst wieder für nach dem Sommer erwartet. Auch andere Raffinerien in Europa stehen derzeit wegen Wartungsarbeiten still. Weiters gibt es wegen des geplanten Ölembargos im Zuge des Ukraine-Kriegs keine Importe aus Russland. Österreich ist jedoch stark auf Importe angewiesen, 59 Prozent des österreichischen Dieselbedarfs werden laut Doloszeski importiert.
Zu dem begrenzten Angebot kommt erschwerend eine steigende Nachfrage hinzu. Diese sei einerseits auf das Ende der Coronabeschränkungen und andererseits auf den stark gestiegenen Güterverkehr in Europa im Zuge des Ukraine-Kriegs zurückzuführen. "All diese Tatsachen führen zu einer enorm steigenden Anfrage und einer Bevorratung durch Kundinnen und Kunden", so Doloszeski.
Vor diesem Hintergrund wird Tanken – egal ob mit Diesel oder Benzin – für die Verbraucher jedenfalls immer teurer. Verglichen mit dem Juni des Vorjahres seien die Preise für Diesel und Superbenzin um 67 bzw. 61 Prozent angestiegen, so der ÖAMTC. Das bedeute eine Mehrbelastung von rund 40 Euro pro 50-Liter-Tankfüllung.
Ein Preischeck der Arbeiterkammer (AK) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Für einen 40-Liter-Tank zahle man derzeit 34 Euro mehr für Diesel und 33 Euro mehr für Superbenzin als vor einem Jahr. Der Ölpreis (Brent) sei dagegen seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nur um 30 Prozent gestiegen. "Vieles deutet darauf hin, dass die Mineralölkonzerne weiterhin Windfall-Profits in Form erhöhter Margen einfahren – was auch deren Rekordgewinne erklären würde", heißt es von der AK.
Preissteigerungen regulieren?
Beide Vereinigungen fordern, dass die Politik in Anbetracht der massiven Preissteigerungen regulierend eingreifen soll. Der ÖAMTC sowie die AK plädieren für eine Senkung der Mineralölsteuer und eine Erhöhung des Kilometergeldes für Arbeitnehmer, die mit dem privaten Auto Geschäftsreisen erledigen. Auch für Pendler müsse es einkommensunabhängige Entlastungen geben. Reisenden rät der Autofahrerklub zudem, die niedrigeren Spritpreise im Ausland zu nützen. Wegen Preisdeckeln und Steuersenkungen sei der Sprit in Italien, Slowenien oder Kroatien deutlich billiger als in Österreich.
Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) plädierte im Zusammenhang mit dem knapper werdenden Diesel generell für mehr Technologiefreiheit. Zu strenge, dogmatische Technologievorgaben würden der Innovationskraft schaden und "Abhängigkeiten mit einem hohen Ausfallrisiko" schaffen. Auch im Hinblick auf das in der EU geplante Verbrennerverbot ab 2035 brauche es "mehr Realismus" seitens der EU.