Die Pandemie hat das Ehrenamt in Österreich extrem gefordert. Dies zeigen die Ergebnisse der heute von der Zivilschutzagenda Österreich vorgestellten Studie "Bridging the Gap – Auswirkungen der Pandemie auf das Ehrenamt". Mit mehr als 2000 Befragten aus der Bevölkerung und den Blaulichtorganisationen ist die vom Marktforschungsinstitut Makam durchgeführte Analyse die bisher umfassendste Studie zu diesem Thema in Österreich.  

Das Gefährdungs- bzw. Risikopotenzial für die über 3,5 Millionen freiwilligen Helferinnen und Helfer hierzulande hat während der Pandemie deutlich zugenommen. 55 Prozent der Einsatzkräfte aus Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr oder Rotem Kreuz verspüren pandemiebedingte Verschlechterungen im Rahmen ihrer Tätigkeit und etwa 45 Prozent machten mittelbar Erfahrungen mit vor allem verbalen Übergriffen. Rund 25 Prozent der ehrenamtlichen Einsatzkräfte sahen sich in den vergangenen zwei Jahren sogar bereits persönlich mit verbalen oder körperlichen Übergriffen konfrontiert – bei der größten Rettungsorganisation des Landes, dem Roten Kreuz, sogar beinahe ein Drittel. Zudem steigt die Gefahrenlage (z.B. erhöhtes Infektionsrisiko) generell, bei Rettungskräften stärker als bei Feuerwehrleuten. 
 

Über Reduktion nachgedacht

Vier von zehn ehrenamtlichen Einsatzkräften haben folglich seit Beginn der Pandemie zumindest darüber nachgedacht, ihr Engagement zeitlich zu reduzieren oder gar zu beenden. Diese Rückmeldungen sind umso brisanter, als die österreichischen Feuerwehren und Rettungsdienste nur durch das freiwillige persönliche Engagement vieler Frauen und Männer flächendeckend aufrechterhalten werden können.  

Die wesentlichen Gründe für eine reduzierte Motivation sind laut der Erhebung schwindender Zusammenhalt, zu wenig Anerkennung der ehrenamtlichen Leistungen durch die Politik sowie zunehmende zeitliche und körperliche Mehrbelastungen im Rahmen der Tätigkeit.

Weiterhin im EU-Spitzenfeld

Gleichzeitig verdeutlicht die Studie aber auch, dass die Pandemie die individuelle Begeisterung für die Freiwilligenarbeit nicht mindern konnte. Vier von zehn Österreicherinnen und Österreichern engagieren sich weiterhin ohne Bezahlung für das Gemeinwohl, davon 27 Prozent innerhalb einer Organisation oder eines Vereins. Rund 500.000 Menschen in Österreich sind ehrenamtlich bei einer Blaulichtorganisation wie dem Roten Kreuz oder der Freiwilligen Feuerwehr tätig. Damit sticht Österreich bei der Freiwilligenarbeit im internationalen Vergleich hervor. Im EU-Durchschnitt betätigen sich nur rund 23 Prozent ehrenamtlich. 
 

Trotz Coronakrise sind zwei Drittel der ehrenamtlichen Einsatzkräfte bereit, in Zukunft ein gleich großes Pensum ihrer Tätigkeit zu erfüllen. Rund 20 Prozent wollen ihr zeitliches Engagement in einer Einsatzorganisation zukünftig sogar erhöhen. Dies unterstreicht den besonders starken Zusammenhalt in der Bevölkerung trotz, oder gerade wegen der Pandemie.  

Was es aus Sicht der Einsatzkräfte laut den Ergebnissen der Erhebung aber vor allem braucht, ist mehr Unterstützung durch die Politik, den Schutz der ehrenamtlich Tätigen während der Einsätze sowie Aufklärungsarbeit und einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zu der enormen Relevanz des Freiwilligensystems für den Standort. Um auch weiterhin Europameister im Ehrenamt zu bleiben, müssen die Rahmenbedingungen für Helferinnen und Helfer entsprechend ausgestaltet sein.