Sie hat Freundschaften fürs Leben geschlossen und jeden Tag videotelefoniert. Er hat aufgehört, mit seinen Kumpels zu reden und sich in seinem Zimmer verbarrikadiert. Krisen treffen junge Erwachsene unterschiedlich. Aber sie beuteln alle.
Das zeigt eine Studie der Pädagogischen Hochschule Zug in der Schweiz. Im Rahmen des Schul-Barometers (siehe Infobox) haben Bildungsforscher Stephan Huber und sein Team Interviews mit 17- bis 21-Jährigen aus dem deutschsprachigen Raum geführt.
"Die Coronakrise war eine ganz starke Bremse", sagt Huber. Zum Beispiel in Sachen Reisen, Dating oder sich Ausprobieren. Dann kam der Ukrainekrieg. "Der alle sehr betroffen macht." Und die Klimakrise schwingt sowieso immer mit. Wie geht es den Jungen damit? "Sie erleben die Zeit unterschiedlich", so Huber. Er spricht von zwei Gruppen und "dynamischen Verstärkungseffekten".
"Um eine Gruppe müssen wir uns Sorgen machen"
Übersetzt: Viele, die vor Ausbruch der Pandemie schon in einem guten Umfeld gelebt haben und deshalb selbstbewusst und stabil waren, sind es jetzt auch noch. Sie haben Positives mitnehmen können und sind "resilient" geworden. Andere, denen es vorher schon nicht gut ging, sind in eine Negativspirale gerutscht. Huber resümiert: "Die Generation Corona muss man differenziert sehen. Aber es gibt eine Gruppe, um die man sich mehr Sorgen machen muss."
Denn diese Gruppe hat zu kämpfen. Im deutschsprachigen Raum beobachte man, dass sich die Anzahl der Jungen, die gesundheitlich gefährdet sind –, die Suizidgedanken oder Essstörungen haben – verdoppelt hat. Die Betroffenen dürfe man nicht übersehen, sagt Huber. Das könne aber leicht passieren: "Wenn jemand sich stark zurückgezogen hat, sucht er sich dann Hilfe?" Die Schule, Vereine, aber auch der Staat seien gefordert, Schritte zu unternehmen, um die Jungen aufzufangen. "Die Jugendlichen brauchen Konstanten. Manche brauchen nur ein offenes Ohr, manche brauchen Begleitung."
Jetzt nachholen
Was aber alle Jungen benötigen, egal ob resilient oder nicht: "Leben." Davon ist Huber überzeugt. Die Jungen seien gerade ausgehungert "wie Schwämme". Sie bräuchten positive Erlebnisse und Möglichkeiten, um hinauszugehen. All das, was lange Zeit nicht möglich war, gelte es nachzuholen. "Es hilft nichts, die verpasste Zeit zu bejammern." Hubers Appell: "Nehmt euch jetzt die Zeit, um zu spüren, dass ihr lebt."