Um überfüllte Züge und Zugräumungen in den Stoßzeiten künftig zu verhindern, erweitert die ÖBB in den kommenden Wochen temporär das Angebot und empfiehlt Sitzplatzreservierungen. Man müsse dies aber auch in Relation setzen, hieß es von der ÖBB zur APA. "Coronabedingt hat es 2020 und 2021 praktisch keine Zugräumungen gegeben. Selbst bei den Starkreisetagen zu Ostern kam das nur bei 0,3 Prozent unserer Fernverkehrszüge vor", so ein ÖBB-Sprecher.

Auf allen Strecken über den Tag verteilt gibt es laut ÖBB-Angaben ausreichend Kapazitäten. Das Abflauen der Corona-Pandemie, hohe Spritpreise und die Klimaticket-Jahreskarte hat die Zahl der Bahnreisenden nach dem coronabedingten Einbruch 2020 und 2021 heuer wieder kräftig steigen lassen. Im Fernverkehr sind die ÖBB-Auslastungszahlen der Vor-Corona-Zeit bereits erreicht und liegen in den letzten Wochen bereits leicht darüber. Vor allem im grenzüberschreitenden Fernverkehr – sowohl in den Tag- und Nachtzügen – gebe es "besonders starke Nachfrage", hieß es.

Die ÖBB erweitern deswegen rund um die kommenden Feiertage – Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam – ihre Kapazitäten auf der West- und Südstrecke um Tausende Sitzplätze. Es gibt zusätzliche Züge und bei manchen Verbindungen doppelte Garnituren. Eine generelle Ausweitung des Angebots kann die Staatsbahn aber nur in Absprache mit den Verkehrsverbünden beziehungsweise den Bestellern vornehmen.

Zugräumung im Ausnahmefall

Im Ausnahmefall stoppt das Zugpersonal wegen zu vielen Reisenden im Zug ohne Sitzplatz die Fahrt aus "sicherheitstechnischen Gründen". Laut Sicherheitsrichtlinie muss der Zugbegleiter jederzeit Zugang zu den sicherheitsrelevanten Bereichen im Zug haben. Dazu zählen etwa die Notsprechstelle, Feuerlöscher und Türöffner. Der Zugbegleiter muss dann im Einzelfall selbst entscheiden, ob die Sicherheit noch gewährleistet ist. Wenn dies nicht der Fall ist, muss eine gewisse Anzahl an stehenden Fahrgästen den Zug verlassen. Beispielsweise gibt es in einem Railjet über 400 Sitzplätze und zusätzlich etwa 80 bis 90 Stehplätze.

Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) sieht Verbesserungsbedarf bei Zugräumungen. "Gut wäre hier sicher, wenn man sich verstärkt überlegt, wie man das besser handeln oder managen kann, um es halt für beide Seiten – sowohl für die Bahnmitarbeiter, wie auch für die Passagiere – möglichst ohne zusätzlichen Stress abzuwickeln", so apf-Vertreter Norman Schadler zuletzt gegenüber dem ORF-Radiosender "Ö1". Es gebe "natürlich bestimmte Hotspots", vor allem zwischen Wien – Sankt Pölten und Wien – Linz, weil auf diesen Strecken auch sehr viele Pendler und Schüler mitfahren.

Die Gewerkschaft vida weist die Kritik an den Bahnbeschäftigten zurück. Es gebe "keine klaren gesetzlichen Regelungen", wann eine Zugräumung notwendig sei, sagte der Vorsitzende der vida-Plattform Lokfahrdienst, Gerhard Tauchner, zur APA. Eine Zugräumung geschehe "nur nach reiflicher Abwägung aller Risiken, aber nie willkürlich". Tauchner fordert den vermehrten Einsatz von Zugbegleitern und Maßnahmen, um der Überfüllung von Zügen vorzubeugen. Es sei "gut, dass wieder mehr Menschen Bahn fahren", aber es brauche mehr Personal.