Nach Bekanntwerden von Missbrauchsverdachtsfällen in einem Wiener Kindergarten hat die Stadt Maßnahmen angekündigt. "Es wird eine neue Leitung am Standort in Penzing geben", sagte der zuständige Stadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) am Freitag bei einer Pressekonferenz. "Die alte ist nicht mehr im Dienst." Es soll außerdem ein Kinderschutzkonzept für die städtischen Kindergärten ausgearbeitet und die Standards erhöht werden.

Es "ist klar, dass wir unmittelbar handeln müssen", betonte Wiederkehr bei einer Pressekonferenz. Das Vertrauen der Eltern ist zerrüttet, habe ein Elternabend am Vortag gezeigt. Es sei seine Aufgabe, so Wiederkehr, dieses Vertrauen wieder herzustellen. "Der Elternabend war vertraulich, aber was ich sagen kann, ist, dass die Kommunikation mit dem Standort nicht zufriedenstellend war", sagte der Vizebürgermeister. Deshalb sei als erste Konsequenz die Standortleitung abgezogen worden. "Um das Vertrauen wiederzugewinnen, wird es eine neue Kindergartenleitung an dem Standort geben", erläuterte Wiederkehr. "Viele Eltern wollen ihre
Kinder weiter in diesen Kindergarten geben", betonte er.

"Es wird auch eine neue Regionalleitung geben, die diesen Standort begleitet", berichtete der Stadtrat. Als weitere Unterstützung werde das Kinderschutzzentrum und der Verein "Die Möwe" den Standort begleiten, um Kindern und Eltern psychologische Unterstützung zu geben. Diese Schritte und das laut Wiederkehr bis Jahresende geplante neue Kinderschutzkonzept seien "Sofortmaßnahmen, um das Vertrauen herzustellen".

Kommission soll Fall analysieren

Eine von der Stadt eingesetzte unabhängige Kommission soll nun lückenlos analysieren und Aufklärung betreiben – "über den Fall, aber auch, um für die Zukunft zu lernen", betonte der Stadtrat. Der Fall selbst sei "sehr komplex". Ob weitere Schritte und Konsequenzen zu ziehen sind, würden die Ergebnisse des für Ende Juni bis Anfang Juli erwarteten Berichts der Kommission zeigen, dem wolle er nicht vorweggreifen, sagte Wiederkehr. Dass der beschuldigte Pädagoge in den Innendienst versetzt und nicht suspendiert wurde, habe arbeitsrechtliche Gründe, solange das Verfahren noch läuft und es keine Verurteilung gibt, berichtete der Neos-Politiker.

Wie viele Kinder bisher betroffen sind, konnte Wiederkehr auf APA-Nachfrage bei der Pressekonferenz nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte am Donnerstag von einem vierten hinzugekommenen Verdachtsfall in der Kinderbetreuungseinrichtung berichtet. Diese Zahl war auch am Freitag noch aktuell, betonte Behördensprecherin Nina Bussek gegenüber der APA. Mindestens ein weiterer Fall dürfte noch nicht bei der Staatsanwaltschaft gelandet sein. Der Rechtsanwalt Johannes Bügler vertritt nämlich nach eigenen Angaben fünf Elternpaare, deren Kinder Symptome eines möglichen Missbrauchs zeigen sollen. Auch die zuständige Magistratsabteilung (MA) 10 machte zur Zahl der Betroffenen am Freitag keine Angaben und verwies auf das Büro von Stadtrat Wiederkehr.

Kritik von der Opposition

Das nun angekündigte Kinderschutzkonzept sei lange überfällig, "wie der aktuelle Fall leider eindrücklich zeigt. Vor allem die Abläufe in konkreten Verdachtsfällen in Wiener Einrichtungen sind offenbar nicht standardisiert, wie man es eigentlich annehmen sollte", kritisierte der Wiener ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch in einer Aussendung. "Die Aufklärung, wie die Verwaltung in einem solchen Fall handelt oder wie sie handeln sollte, ist dringend geboten", teilte auch der Grüne-Klubobmann David Ellensohn mit und kündigte eine Dringliche Anfrage zu dem Fall an. "Um hier Fehlverhalten zu erkennen, braucht man nicht auf einen Kommissionsbericht warten, auf dessen Basis dann gehandelt wird, hier muss der Bildungsstadtrat sofort tätig werden. Die Leiterin der MA 10 muss sofort suspendiert werden. Alles andere ist ein Hohn für Eltern und Kinder", forderte indes FPÖ-Klubobmann Maximilian Krauss.