Die Stadt Wien ist vom jüngsten Vorstoß des für Tierschutz zuständigen Ministers Johannes Rauch (Grüne), über ein Verbot von Fiakern zumindest nachzudenken, überrascht. Zwar gebe es schon länger Gespräche darüber, die Hitzegrenze für Fiakerpferde von 35 auf 30 Grad herabzusetzen, dabei sei ein Verbot der Fuhrwerke bisher nie Thema gewesen. Geht es nach der Stadt, soll es vorerst dabei bleiben.
"Wir wollen uns wie bisher darauf konzentrieren, über die Hitzegrenze zu reden, der Vorschlag eines Verbotes war bisher in keinem der geführten Gespräche ein Thema", sagte Michaela Zlamal, Sprecherin des für Tierschutz zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ), am Dienstag.
Derzeit gilt die Regelung, dass die Fiakerpferde bei einer Außentemperatur von 35 Grad Celsius hitzefrei bekommen. Seit dem Vorjahr gibt es Gespräche, diese Grenze auf 30 Grad Celsius zu senken. Minister Rauch erklärte nun am gestrigen Montag in einem Interview, dass er eine Debatte darüber begrüßen würde, ob Wien auf Fiaker insgesamt verzichten könnte. "Man sollte sich Gedanken darüber machen, nämlich wirklich aus Gründen des Tierschutzes, ob man ein Pferd diesem Stress aussetzen sollte", sagte er.
Tierschützer über Rauch erfreut
"Wir begrüßen die Initiative von Tierschutzminister Rauch. Eine gesellschaftliche Debatte über die Zeitmäßigkeit der Fiaker ist wichtig", erklärt "Tierschutz Austria"-Präsidentin Madeleine Petrovic. Das Fahrverbot ab 35 Grad sei zu wenig und müsse strenger kontrolliert werden. "Die Stadt Wien ist hier aufgefordert, zumindest diese Regelungen zu kontrollieren und zu gewährleisten, dass die Fiakerpferde nicht unnötig leiden müssen. Wir empfehlen allerdings seit Jahren stark ein viel sinnvolleres Fahrverbot ab 30 Grad sowie eine generelle Verlegung von Fiaker-Strecken fern der Wiener Innenstadt." So könne die Tradition der Fiaker erhalten bleiben und gleichzeitig Tierleid deutlich reduziert werden.
Der VGT zeigt sich erfreut über den Vorstoß des Grünen Tierschutzministers Rauch zum Thema Fiakerverbot und Hitzefrei für Fiaker ab 30 Grad. Auch der VGT hat stets betont, dass die Bundesländer selbstständig strengere Regeln erlassen können und ist jetzt erfreut, dass der Verfassungsgerichtshof das selbst bestätigt.
Gespräche für Juni geplant
Die Stadt Wien will den Fokus jedenfalls weiter auf dem Thema Hitzefrei für Fiakerpferde halten. Im Juni sollen die nächsten Gespräche dazu stattfinden. In einem Statement erklärte das Stadtratsbüro, warum dazu die Gespräche mit dem Bund notwendig sind.
"Insgesamt hat es in den letzten Monaten zum Thema 'Hitzefrei für Fiakerpferde ab 30 Grad' mehrere Gesprächsrunden auf Landesebene gegeben. Eine umfassende rechtliche Prüfung innerhalb der Stadt hat ergeben, dass ein Hitzefrei ab 30 Grad für Fiakerpferde nicht über ein Landesgesetz zu regeln ist", hieß es.
Die Kompetenz der Stadt beim Thema Fiaker liege lediglich im Bereich des Fiaker- und Pferdemietwagengesetzes: "Hier geht es um die Regelung der Verkehrssicherheit und die derzeitige Temperaturgrenze von 35 Grad bezieht sich auf den Kutscher. Für die Pferde können wir hier keine eigene Regelung treffen." Wenn es also um Tierschutz im eigentlichen und ethischen Sinn gehe, sei die Regelung nur im Tierschutzgesetz des Bundes möglich.
Wirtschaftskammer wehrt sich
"Die aktuellen Forderungen um ein Fiakerverbot lassen wissenschaftliche Fakten komplett außer Acht. Populistische Aussagen sind absolut fehl am Platz, wenn es um die Existenz einer ganzen Branche geht. Wir wollen daher einen runden Tisch mit den politischen Vertretern und Experten organisieren", so Davor Sertic, Spartenobmann Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien.
Dass die Sommertemperaturen in Wien keine negativen Auswirkungen auf die Pferde haben, bestätigt auch eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität aus dem Jahr 2008, in der bei annähernd 400 Messungen, keine Überforderung der Pferde festgestellt wurde. "Pferde können als Steppentiere mit der Hitze sehr gut und besser als wir Menschen umgehen. Noch dazu werden die Tiere bestmöglich betreut – werden regelmäßig gefüttert und wenn nötig gekühlt. An besonders heißen Tagen ist zusätzlich eine Tierärztin im Einsatz, die durchgehend den gesundheitlichen Zustand der Pferde kontrolliert", so Sertic.
Dass die Fiaker auch über ihr eigenes Geschäft hinaus wichtig für Wien sind, betont Markus Grießler, Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Wien. Schließlich sind sie als Attraktion der Stadt weltweit bekannt und tragen so zum Image Wiens bei. "Auch, wenn nicht jeder Tourist eine Runde mit dem Fiaker dreht, so sind sie doch ein Teil des Stadtbildes und der Erwartungen unserer Gäste." Sie sind ein Bestandteil des erwarteten Wien-Erlebnisses und machen unsere Stadt attraktiver.
Streitpunkt Fiaker auch in Salzburg
Die Debatte um ein Fiaker-Verbot in Wien hat die Stadt Salzburg erreicht. Nach dem Vorstoß des für Tierschutz zuständigen Ministers Johannes Rauch (Grüne) am Montag dürften die Stadt-Grünen Rückenwind aus den eigenen Reihen verspüren: Die Bürgerliste forderte am Dienstag von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP), die 2023 auslaufenden Verträge mit den Fiakern nicht mehr zu verlängern. Der Stadtchef winkte jedoch ab. "Das ist momentan kein Thema", sagte sein Büroleiter der APA.
Auch für ein Herabsetzen der Hitzegrenze von 35 auf 30 Grad Celsius fehle derzeit die rechtliche Grundlage. "Ohne die Zustimmung der Fiaker selbst haben wir hier keine Handhabe." Die Tiere würden jedoch regelmäßig vom Veterinäramt der Stadt kontrolliert und befänden sich in einem guten Zustand.
Im Dezember 2020 hat der Salzburger Gemeinderat zwar beschlossen, Fiaker-Pferden in der Stadt ab einer Temperatur von 30 Grad Celsius hitzefrei zu geben. Der Beschluss ist aber an das Wohlwollen der Kutscher gebunden. Sanktionen bei Verstößen gibt es nicht. Im Frühsommer 2021 informierte der damalige Obmann der Salzburger Fiaker, Franz Winter, die Stadt, sich nicht an die Regelung zu halten. "Es gibt keine gesetzliche Grundlage, in der eine Temperaturgrenze verankert wäre", bekräftigte er am Dienstag seine Position. "Ich will mir weder von der Politik noch von Tierschützern etwas vorschreiben lassen, was nicht im Gesetz steht."
In der Praxis würden die Pferde in Salzburg ohnehin ab 32 oder 33 Grad Celsius zu Hause gelassen, weil dann kaum mehr Touristen in der Stadt seien. "Wir wissen selbst am besten, was unseren Tieren gut tut", versicherte Daniel Schmeisser, der Nachfolger Winters als Fiaker-Obmann. "Wenn ich das nicht weiß, hätte ich den falschen Beruf ergriffen."
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