Ein 45-jähriger Speditionskaufmann ist am Montag am Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen schwerem Diebstahl zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt worden. Er hatte Ende des Jahres 2012 über 30 Kunstgegenstände im Wert von laut Anklageschrift 1,3 Millionen Euro aus einem Speditionslager mitgehen lassen, für das er verantwortlich war. Darunter befanden sich etwa alte chinesische Bronzen, Werke von Gustav Klimt oder auch Oskar Kokoschka. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der gebürtige Wiener bekannte sich zu Beginn der Verhandlung teilweise schuldig. Die bei ihm schlussendlich aufgefundenen Gegenstände habe er entwendet, weitere noch fehlende Werke im Wert von ca. 10.000 Euro jedoch nicht. Der Angeklagte hatte die Schlüssel zu dem Lager in Wien, wo die Kunstgegenstände vermeintlich sicher verwahrt waren. Warum er sie im Zuge von zumindest zwei Zugriffen gestohlen habe, erklärte er damit, dass er im Lager herumgewandert sei und ihm dabei die Gegenstände gefallen hätten. Er habe sie zu Hause aufstellen wollen. Daraufhin nahm er das wertvolle Gut "blöderweise" in seinem Auto mit und brachte es in seinem Haus bzw. auf dem Dachboden seines Elternhauses unter.
Er habe jedoch nicht die Absicht gehegt, die Gegenstände – darunter ein antikes Speiseopfergefäß oder auch eine Kaminstanduhr und eine Kaminverkleidung – zu verkaufen. Er sei sich auch nicht über den Wert des Diebesguts bewusst gewesen. Erst durch die Anklageschrift habe er erfahren, wie wertvoll die Werke sind, so der unbescholtene zweifache Vater.
Verdächtige Anfragen
Weitere Handlungen des Beschuldigten ließen an dieser Erzählung Zweifel beim Vorsitzenden Richter des Schöffensenats aufkommen. So wandte sich der 45-Jährige etwa im Vorjahr per Mail an mehrere Experten, um sich nach Möglichkeiten zur Veräußerung der Kunstgegenstände zu erkundigen. Eine Schätzung wäre kostenpflichtig gewesen, daher habe er ein Verkaufsinteresse vorgetäuscht, um zu erfahren, worum es sich bei den erbeuteten Gegenständen überhaupt handle, meinte der Angeklagte dazu.
Der Beschuldigte holte sich auch mehrere Angebote zu luxuriösen Immobilien im In- und Ausland ein. Aber auch hier habe er Interesse nur vorgetäuscht, behauptete der Wiener. Die Villen hätten ihn lediglich in Hinblick etwa auf den Grundriss und Raumaufteilung interessiert, besitze er doch selbst einen Baugrund.
Aufgefallen waren die Diebstähle zunächst nicht, denn die Geschädigten nahmen von polizeilichen Anzeigen Abstand, und die gestohlenen Werke schienen deshalb auch nicht im internationalen Art Loss Register auf. Aufgefallen war der Verlust erst, weil der Beschuldigte dort Anfragen unter falschem Namen gestellt hatte, um zu erfahren, ob danach gesucht wird. Im Zuge der daraufhin eingeleiteten Ermittlungen rückte der Mann nicht sofort sämtliche gestohlene Werke heraus. Die Ermittlerinnen und Ermittler mussten wiederholt mit stets neu gewonnenen Informationen anrücken. Dabei stellten sie fest, dass er "offensichtlich extrem gern sammelt". Seine Besitztümer seien dabei "nicht professionell verwahrt, aber auch nicht einfach hingeworfen" gewesen, stellte eine dazu befragte Amtsinspektorin in der Verhandlung fest.
Geschädigte fordern Geld
Offenbar kam es im Zuge des Transports oder auch der Lagerung zu Beschädigungen an manchen der erbeuteten Kunstgegenstände. Insgesamt fünf Privatbeteiligte schlossen sich mit Forderungen in Höhe von mehreren 100.000 Euro für entstandene Kosten an. Die Verteidigerin des Beschuldigten, Astrid Wagner, schlug vor, dass ihnen der 45-Jährige jeweils 2500 Euro zahle. Auch wies sie darauf hin, dass es sich bei dem Angeklagten um einen "unbescholtenen, unauffälligen, braven Familienvater" und keinen "klassischen Kunstdieb" handle. Er habe "nicht im Traum daran gedacht, dass solche Summen im Spiel" seien. Auch sei nicht zweifelsfrei feststellbar, dass es sich wirklich um Gegenstände im Wert von 1,3 Millionen Euro handle.
Der Schöffensenat erachtete den Speditionskaufmann als schuldig und verurteilte ihn wegen schweren Diebstahls zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, die bei einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden kann. Den Privatbeteiligten muss er jeweils 2500 Euro zahlen. Der Vorwurf des gewerbsmäßigen Diebstahls entfiel aus Sicht des Senats. Vorgelegen sei jedoch ein schwerer Diebstahl, da der Wert der gestohlenen Gegenstände "deutlich" über 300.000 Euro liege, wenngleich die genaue Summe nicht festgestellt werden könne. Die Verteidigerin des Angeklagten verzichtete auf Rechtsmittel, der Staatsanwalt gab jedoch keine Erklärung ab, womit das Urteil nicht rechtskräftig ist.