Die von Greenpeace in Auftrag gegebene Überprüfung von Fleischwaren auf antibiotikaresistente Keimbelastung sorgt auch am Tag nach der Veröffentlichung für Aufregung. Die Kritik fällt umfassend aus. Karl Bauer vom Verein Steirischer Tiergesundheitsdienst etwa sieht großen Erklärungsbedarf. Es sei nicht verwunderlich, dass Greenpeace das regelmäßig vor der Grillsaison bemüht. "Fakt ist aber, dass der präventive Einsatz von Fütterungsantibiotika seit dem Jahr 2006 verboten ist", betont er. Analog dazu sei die Anwendung sukzessive zurückgegangen. "Im vorigen Jahr ist es in Österreich gelungen, den Einsatz mengenmäßig auf 44 Tonnen zu reduzieren." Vor allem bei den Schweinen gebe es eine deutliche Reduktion. Auf diese entfällt der mengenmäßig größte Anteil von Antibiotika in der Nutztierhaltung.
"Natürlich", räumt Bauer ein, "gibt es resistente Keime." Aber diese könne man überall finden. Fleisch gesunder Tiere sei "a priori keimfrei" und könne erst durch weitere Verarbeitungsschritte belastet werden. Diese Einschätzung teilt der langjährige, ehemalige Amtstierarzt und Nutztierexperte Alexander Rabitsch nicht ganz. Richtig sei, dass es in den meisten Fällen erst im Nachhinein zur Kontamination komme, auszuschließen sei dies aber auch davor nicht, etwa wenn Tiere krank sind. "Geflügel wird beispielsweise nach der Schlachtung maschinell entfedert. Die Tiere hängen dabei kopfüber, der Druck könne dazu führen, dass belastete Flüssigkeiten über die Kloake austreten, am Körper herabrinnen und über die Bürste auch nachfolgendes Hühnerfleisch kontaminieren. Keime können in Ställen vorkommen", betont auch Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace.
Auf der anderen Seite ist unklar, wie groß die Belastung bei der vorliegenden Untersuchung ist. Theissing-Matei dazu: "Der Test der AGES bestimmt, so wie es auch dem EU-weiten Standard entspricht, das prinzipielle Vorhandensein dieser Keime. Der Test macht keine Aussage über die Menge."
Dass diese Keime nicht nur auf Fleischwaren vorkommen können, ist auch für den Greenpeace-Experten klar, doch sei das Risiko in bestimmten Bereichen "deutlich größer". Dazu zählten auch "Ställe der Massentierhaltung". Für Bauer wäre es in diesem Zusammenhang wichtiger, auf Hygienemaßnahmen oder eine intakte Kühlkette hinzuweisen.
Greenpeace behauptet weiters, dass bei biologischer Haltung ein deutlich geringeres Risiko bestehe. Das können weder Bauer noch Rabitsch uneingeschränkt bestätigen. Klar sei aber, dass Tiere bei besseren Bedingungen, mehr Platz und frischer Luft weniger krankheitsanfällig sind.
Einig ist man sich, dass eine Reduktion von Antibiotika anzustreben sei. Nicht nur in der Veterinär-, sondern auch in der Humanmedizin, "damit wir langfristig die Wirkung dieser lebensrettenden Medikamente erhalten", sagt Theissing-Matei.
Matthias Reif