Als eine der ersten Großstädte Europas hatte Wien am Beginn der Corona-Pandemie mit der Untersuchung der Abwässer begonnen, um die Verbreitung von Sars-CoV-2 zu verfolgen. "Diese Analysen zeigen, dass in Wien tatsächlich ein geringeres Infektionsgeschehen als in den anderen Bundesländern der Fall war", zog Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Sonntag Zwischenbilanz des Projekts "CSI Abwasser", das ausgebaut werden soll.
"Tests geben lediglich Auskunft über den Infektionsstatus der Getesteten. Die Abwasserüberwachung hingegen gibt Auskunft über das Ausmaß der Infektionen in der gesamten Bevölkerung", betonte Hacker. Diese Daten seien die Basis für das Wiener Pandemiemanagement.
Am 10. April 2020 wurde erstmals die nicht mehr infektiöse Viren-RNA von Sars-CoV-2 im Zulauf der Wiener Kläranlage festgestellt. Das unter Federführung der von der "ebswien" betriebenen Kläranlage und der TU Wien laufende Projekt sei "äußerst erfolgreich", sagte Klimastadtrat Jürgen Czernohorszk (SPÖ). Im Abwasser seien Veränderungen im Pandemiegeschehen früher zu erkennen, als sie sich in den Inzidenzen niederschlagen. Das verschaffe für die Entscheidungen des Krisenmanagements einen Vorsprung.
In den ersten beiden Jahren wurden 1318 Abwasserproben untersucht. Der wissenschaftliche Projektleiter Norbert Kreuzinger vom Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement (IWR) der Technischen Universität (TU) Wien erläuterte: "Die EU-Kommission empfiehlt mittlerweile den Mitgliedsstaaten die Abwasserüberwachung als wichtiges Instrument im Kampf gegen die Corona-Pandemie, aber auch gegen künftige Herausforderungen durch bedenkliche Krankheitserreger."
Bisher stand Sars-CoV-2 im Zentrum. "Parallel dazu haben wir im Auftrag der Gesundheitsbehörden das Abwasser aber auch laufend auf das Vorkommen von Influenza-Viren untersucht, da eine Grippe-Epidemie die Krankenhäuser vor eine zusätzliche enorme Herausforderung stellen würde", sagte Kreuzinger. "Die Vogelgrippe ist derzeit in einigen Ländern wieder Thema, ich denke aber auch an die Ausweitung der Abwasserüberwachung auf Noro- oder Enteroviren." "Mit der Weiterentwicklung des Frühwarnsystems für andere Krankheitserreger können frühzeitig Maßnahmen zum Schutz der Wiener Bevölkerung gesetzt werden", betonte Neos-Gesundheitssprecher Stefan Gara.
Seit April 2020 wurde für "CSI Abwasser" eine Analysemethode entwickelt, die durchgehend belastbare Ergebnisse liefere, sowie ein Workflow aufgebaut, mit dem im 2000 Kilometer langen Kanalnetz Teileinzugsgebiete bis hin zu einzelnen Objekten überwacht werden können, wurde betont. "Points of Interest" wie Altersheime, Schulen und Spitäler etwa werden im Auftrag der Gesundheitsbehörden eigens kontrolliert. Zudem wurde ein "Abwasserarchiv" aufgebaut, in dem Proben bei minus 80 Grad lagern, wodurch künftige Fragestellungen auch für die Vergangenheit beantwortet werden können.